Manche extremen Trump-Fans (wie muss man übrigens beschaffen sein, um nach der jüngsten TV-Debatte immer noch dazuzuzählen?) äußern online die Vermutung, er sei bewusst infiziert worden, schließen also nicht aus, perfide dunkle Mächte könnten dahinter stecken.
Zyniker verweisen darauf, dass Potus und Flotus einander offenbar doch näher stünden als bisher angenommen.
Und neutrale politische Beobachter fragen sich, ob die Nachricht von der Infizierung der beiden die October surprise sei, also die Überraschung einen Monat vor der Entscheidung. Ein Phänomen, das auch vor vielen anderen US-Wahlen eintrat – dazu zählten bisher die eMail-Affäre rund um Hillary Clinton, der Hurrikan Sandy (vor Obamas Sieg) oder die Nachricht, dass George W. Bush einmal wegen Trunkenheit am Steuer im Gefängnis saß.
Furchtbar an all diesen Mutmaßungen rund um Trump ist, dass man ihm sogar in solchen Fällen Lügen prinzipiell zutraut. Was ist nur aus dem wichtigsten Amt der Welt geworden? Welche Glaubwürdigkeit, welches politisches Ethos stecken noch dahinter? Washington ist längst mehr Peking oder Moskau, als es selbst glaubt.
Schlimm ist auch die Symbolwirkung, die vom bisherigen Wahlkampf und auch von den aktuellen Entwicklungen ausgeht: Bei dieser Schlacht um das politische Überleben ist alles erlaubt, sämtliche Dämme sind gerade dabei, zu brechen, die weltweiten moralischen Überflutungen wird man leider bald sehen. So wie Fast Food kommt ja alles irgendwann auch im Rest der Welt an. Und dieser Wahlkampf ist so richtig fett und ungesund.
Ebenso schlimm: Die Infektion wird Trump bestimmt nützen. Verläuft sie harmlos, wird er seinen anfänglichen Leugnungskurs zu bestätigen versuchen. Verläuft sie bedrohlich, setzt der Mitleidseffekt ein.
Und Joe Biden ist wieder zum Nebendarsteller degradiert, der hilflos zuschaut.
Der bedeutendste Wahlkampf der Welt (nö, das ist nicht jener in Wien) wird von zwei alten Herren bestritten, die zur Risikogruppe Nummer 1 gehören – passt leider zum verfluchten Corona-Jahr. Geht da echt nicht mehr in den USA?
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