Der Kollaps des Sowjetimperiums war die größte globale Veränderung seit 1945. Der Kalte Krieg war zu Ende. In Osteuropa entstanden demokratische Systeme. Dort, wo vorher Planwirtschaft geherrscht hatte, setzte sich nun die Marktwirtschaft durch. Österreich profitierte davon besonders. Das Institut für Wirtschaftsforschung hat einmal berechnet, dass zumindest in den ersten 20 Jahren nach 1989 das Wirtschaftswachstum pro Jahr um bis zu einem Prozentpunkt höher ausgefallen ist, als es ohne Ostöffnung der Fall gewesen wäre. Aber das ist nur eine regionale Komponente.
1989 bedeutete einen gewaltigen Schub für die Globalisierung. Und dieser Schub machte die Welt besser. 2018 erschien posthum das Meisterwerk Factfulness von Hans Rosling (1948–2017). Der renommierte schwedische Mediziner und Professor für Internationale Gesundheit belegte darin die Fortschritte der Menschheit in den vergangenen Jahrzehnten. Beispiel: Herrschte 1965 noch in 165 Staaten eine hohe Kindersterblichkeit, betraf das 2017 nur noch 13 Staaten. Was das mit 1989 zu hat? Viel. Der Globalisierungsschub beschleunigte nicht nur den weltweiten Handel, sondern auch den Austausch von Wissen, Technologie, Medizin und humanitärer Hilfe.
Dem gegenüber steht die Sehnsucht nach dem Gestern. Weil eine durch die „sozialen Medien“ befeuerte tägliche Flut an Schreckensnachrichten ein grässliches Bild der Gegenwart zeigt, die das Positive vorsätzlich ausklammert. Diese Sehnsucht hat politisch die Rückkehr des Nationalismus zur Folge. In Moskau träumt man vom alten Imperium, im Westen sieht man darin das Heil gegen Flüchtlingsströme. Ökonomisch wurde mit Donald Trump als US-Präsident der Protektionismus wieder salonfähig.
Selbst die EU verhängt neuerdings Zölle gegen E-Autos aus China. Weil man die Wahrheit verdrängt, dass man mit hohen Steuern und Kosten sowie einer ausufernden Bürokratie die Industrie systematisch aus Europa vertreibt. Die Schuld gibt man für die Abwanderung dann der Globalisierung.
Wer sich also nach der Vergangenheit sehnt, sollte seinen Blick weiter als bis in die Zeit vor 1989 zurückwerfen. In die 1920er-Jahre etwa. Da sieht man gut, wohin Nationalismus und Protektionismus führen.
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