Die Falschen am Pranger
Robert Kleedorfer
28.07.22, 18:00Die anhaltend hohen Energiepreise bescheren Öl-, Gas- und Stromkonzernen stark steigende Gewinne. Weltweit. Das führt auch zu immer hitzigeren Debatten darüber, wie sehr es gerechtfertigt ist, dass einige wenige (Aktionäre) auf Kosten vieler (Kunden) profitieren. Dabei ist die Zahl der Aktionäre nicht zwingend eine kleine.
Zwar haben viele dieser Unternehmen ausschließlich private Eigentümer; aber ebenso gibt es Konzerne, die noch (teils) im Staatsbesitz sind. So wie in Österreich OMV und Verbund. An dem Stromkonzern hält der Bund 51 Prozent, und rund weitere 30 Prozent sind im Eigentum regionaler Energieversorger. Bei der OMV liegt der Staatsanteil auch noch bei immerhin 31,5 Prozent.
Gewinne, die die Konzerne verbuchen, fließen also zu großen Teilen ins Staatsbudget und kommen somit allen Bürgern zugute. Der Verbund etwa gibt die Mehreinnahmen zum Teil mit einer Sonderdividende weiter, insgesamt zahlt er heuer rund eine Milliarde Euro an den Staat. Die (bereits wieder eingemottete) Forderung von Kanzler Nehammer nach einer Zusatzsteuer oder jene der SPÖ nach einer totalen Verstaatlichung sind daher ziemlicher Populismus. Eine breitere Eigentümerstruktur sowie Börsennotiz können helfen, Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher zu machen. Die Privatisierungen in Österreich zeigen das.
Dass die aktuellen Energiekosten den Wohlstand vieler Österreicher gefährden, ist unbestritten. Viele fragen sich, ob sich die Konzerne auf ihre Kosten bereichern. Vielfach lautet die Antwort Nein, weil es sich um internationale Marktpreise handelt, die dem Krieg in der Ukraine geschuldet sind und die die Konzerne nicht einfach ignorieren können. Die Anbieter kommen den Kunden zumindest mit diversen Sonder-Gutschriften entgegen.
In erster Linie ist aber die Politik gefragt, tätig zu werden. Und zwar ohne die Konzerne verbal zu attackieren und ihnen mit Maßnahmen zu drohen. Oberste Priorität hätte auf EU-Ebene, endlich die sogenannte Merit-Order umzustellen. Diese besagt, dass die Kraftwerke mit den höchsten Kosten den Strompreis bestimmen. Das sind meist Gaskraftwerke. In Zeiten von immensen Gaspreisen ein Unding und für Konsumenten, vor allem von Ökostrom-Anbietern, nicht nachvollziehbar.
Die von der Regierung für Herbst geplante Strompreisbremse wäre ein weiterer, wichtiger Schritt zur Eindämmung der Kosten. Dass aber Ähnliches für Sprit nicht in Betracht gezogen wird, ist unverständlich. Und dass die Regierung an der CO2-Bepreisung ab Oktober festhält, ebenso. Denn dies wird Sprit mit einem Schlag um rund acht Cent je Liter verteuern. Das wird sich auch auf Transporteure auswirken und somit auch Waren und Dienstleistungen aller Art verteuern. Daher wäre ein völliges Einmotten der CO2-Steuer besser.
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