Die EU sollte sich Orbáns Herausforderung stellen

Die politische Strategie des ungarischen Premiers braucht klare Antworten, kein halbherziges Tadeln.
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Man kann Viktor Orbán nicht vorwerfen, dass er seine politischen Pläne verheimlicht. Seine „illiberale Demokratie“ verteidigt die Eigenständigkeit der Nationen gegen das gemeinsame Europa, stellt Christentum vor Aufklärung und will den Islam aus Europa verbannen. Sein Umgang mit dem Rechtsstaat ist eine offene Herausforderung der in Europa – zumindest offiziell – hochgehaltenen Werte. Doch in Brüssel, und noch mehr in Wien und Berlin, nimmt man diese He rausforderung nur halbherzig an. Da rümpfte man le diglich die Nase, als Orbán auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle Asyl- und Menschenrecht für sich neu definierte, und gab ihm zuletzt sogar recht. Der brutale Zugriff auf die Medienfreiheit, der zumindest zweifelhafte Umgang mit der Justiz: All das beantwortet die EU mit endlosen Verfahren, die zuletzt ohne Konsequenzen bleiben. Dazu kommt, dass sich die christlichsoziale Fraktion im Europaparlament weiterhin nicht zu einer offenen Auseinandersetzung mit Orbáns FIDESZ-Partei durchringen kann, die immer noch dort Mitglied ist.

Dabei sucht Orbán die Auseinandersetzung über europäische Werte, die er neu definieren will. Für ein Europa, das diese Werte als Grundgerüst und nicht nur als Fassade begreift, ist es überfällig, diese Heraus forderung anzunehmen. Das aber heißt auch, Orbáns Vorstellungen nicht voreilig als undemokratisch oder uneuropäisch abzutun, sondern sich ernsthaft damit zu beschäftigen. Europa, dessen Glaubwürdigkeit ohnehin lahmt, braucht diese Wertedebatte. Vielleicht wird man in einigen Punkten – Zuwanderung etwa – neu denken müssen, oder aber Europa hat seine Grundprinzipien in dieser Debatte überdacht und damit gestärkt.

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