Es ist zwar geübte politische Praxis, man könnte auch sagen: ungeschriebenes Gesetz, dass die drei Präsidenten des Nationalrats von den drei stimmenstärksten Parteien vorgeschlagen werden und dass das Plenum bei der Wahl diesen Vorschlägen folgt. Aber, so steht es auch auf der Website des Parlaments, theoretisch könnte jeder Abgeordnete zum Präsidenten gewählt werden.
Diese geübte Praxis hat dazu geführt, dass in der Zweiten Republik der Erste Nationalratspräsident immer aus den Reihen der SPÖ oder ÖVP kam, ebenso der Zweite (mit Ausnahme des FPÖ-Mannes Thomas Prinzhorn 2000–2002) und der Dritte neben SPÖ, ÖVP und (zuletzt meist) FPÖ einmal auch von den Grünen (Eva Glawischnig 2006–2008; die Grünen lagen damals 500 Stimmen vor den Blauen).
Maurers Aussage erinnert an jene von Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Vorabend seiner Angelobung, als dieser in einem großen ORF-Interview erkennen ließ, dass er Herbert Kickl auch als Chef der stärksten Partei nicht unbedingt als Bundeskanzler haben möchte.
Beide Aussagen sind natürlich legitim. Aber wenn jetzt ein (grüner) Politiker nach dem anderen erklärt, was alles nicht ausgemacht sei (sprich: nicht passieren soll), wenn die FPÖ die Wahlen gewinnt, dann ist das reichlich Wasser auf die Mühlen ebendieser FPÖ. Es ermöglicht ihr, die Märtyrerpose einzunehmen – und als potenzieller Wahlsieger gehandelt zu werden, ist natürlich auch schmeichelhaft.
Aber der Umgang insbesondere der Linksparteien mit der FPÖ ist seit jeher durch eine Art Angstlust charakterisiert: Man beschwört mit allen Mitteln die Gefahr einer Erstarkung der Rechten und befördert damit, was man vorgeblich verhindern wollte – um sich schließlich in der eigenen Position bestätigt zu sehen. Außer moralischer Selbstvergewisserung der entsprechenden Milieus hat das freilich bisher noch nichts gebracht. Erstaunlich daher, dass diese Nummer noch immer – auch beim dritten FPÖ-Aufstieg – funktioniert.
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