Desinteresse an Politik war gestern

Noch nie hatte ein Wahlkampf so viel Show-Charakter. Das ist nicht das Ende der Politik – im Gegenteil.
Martina Salomon

Martina Salomon

Noch nie hatte ein Wahlkampf so viel Show-Charakter.

von Dr. Martina Salomon

über die Hofburg-Wahl

Da behaupte noch einmal einer, die Menschen seien nicht an Politik interessiert. Stimmt nicht! Was die etablierten Parteien zu Beginn dieses Wahlkampfs lange verschliefen, holten die Medien im Eiltempo nach. Sie zeigten die Präsidentschaftskandidaten in fast jeder Lebenslage, ließen sie Witze erzählen, 90-Sekunden-Reden vor aufgebrachten Arbeitslosen halten, Eierspeise kochen, Hymnen erraten, sowie zum rhetorischen Duell gegeneinander antreten. Stress pur für die Kandidaten. Aber die Quoten waren sensationell.

Das hat Kritiker auf den Plan gerufen, die meinten, man ramponiere einen künftigen Bundespräsidenten mit unernsten Themen. Da ist was dran. Wir leben in einer Mediendemokratie – und Show-Formate nehmen zu. Andererseits gab es kaum ein ernsthaftes Thema, zu dem die Kandidaten (auch in Print-Medien) nicht Stellung beziehen mussten. Die Ausrede, man wisse gar nicht, wofür die Kandidaten stehen, gilt weniger denn je.

Besonders erschreckend sind ja Unwissen und Ignoranz vieler Jungwähler, die schon ab 16 mitentscheiden dürfen. Nicht nur beim Schreiben und Rechnen, sondern auch bei Politik und Staatskunde klaffen riesige Bildungslücken. Die neuen Wahlsendungen brachten vielleicht auch jene zum Zuschauen, die Lugner-TV für eine Polit-Sendung halten. Die Spaß-Wettbewerbe waren für manchen Kandidaten (anfangs Griss, man erinnere sich an die "Wahlfahrt", später für den oft grantig wirkenden Hundstorfer) eine harte Nuss. Die Karten wurden neu gemischt. Politik ist spannend, manchmal unernst. Politiker müssen heute auch Entertainer-Qualitäten haben. Die alles entscheidende Frage sollte das aber nicht überdecken: Wer ist für das Amt am besten geeignet?

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