Der Trump-Sieg bietet Anlass für Selbstreflexion - bei Medien und Politik.

Martina Salomon

Martina Salomon

Im postfaktischen Zeitalter müssen sich Medien neu erfinden.

von Dr. Martina Salomon

über Trump & die Medien

Donald Trump wird US-Präsident: Das hat weltweit zu Weltuntergangsstimmung in den Medien geführt. Fast alle hatten noch bis Dienstagabend erwartet, dass Hillary Clinton das Rennen machen wird.Das Erdbeben, das seit einiger Zeit die Politik in den westlichen Industrieländern erschüttert, beutelt auch die Medien. Sie werden von Wutwählern als Teil des verhassten "Establishments" gesehen. Die ganze Wahrheit, sie findet sich nach Ansicht vieler Bürger anderswo, am echten und virtuellen Stammtisch. Dort sagt man (im Gegensatz zu Umfragen) seine "echte" Meinung, tauscht sich mit Gleichgesinnten aus. Der Netz-Algorithmus spielt bevorzugt "personalisierte" Inhalte ein – bis man glaubt, die ganze Welt ticke so wie man selbst. Sogar Lügengeschichten werden für blanke Münze genommen. Und wenn sich diese Geschichten dann nicht in etablierten Medien finden, hält man diese für manipuliert.

Zuckerberg: nicht schuld

Facebook-Gründer Zuckerberg will übrigens nicht schuld am Trump-Sieg sein . Beide Parteien hätten gezielt Falschmeldungen lanciert. Aber: Diese nutzten offenbar eher dem Republikaner. Auf diesem Klavier spielen Politiker wie Trump eben professioneller als andere. In Österreich nutzen Freiheitliche und Grüne dieses Feld am geschicktesten.

Wahrscheinlich leben wir tatsächlich in einer Art postfaktischem Zeitalter, wie viele Experten meinen. So ist es in Wahlzeiten zum Beispiel nicht so wichtig, die Fernseh-Auftritte zu gewinnen, sondern in der Nachbetrachtung als Sieger zu erscheinen. Wobei man durchaus einräumen muss: Bei manchen Themen tendiert der gelegentlich recht selbstgefällige Medien-Planet dazu, sich von der Erde zu entkoppeln und dann aus allen Wolken zu fallen, wenn die Leute das "Falsche" tun.

Die digitale Welt ist noch jung – erst vor 12 Jahren wurde Facebook gegründet. Jetzt gilt es vielen als Haupt-Nachrichtenquelle. Wahrscheinlich wird es noch dauern, bis wir alle professioneller mit dieser unglaublich demokratischen Form der Kommunikation umgehen. Denn die Weite des Netzes hat paradoxerweise den Horizont bei vielen eher verengt.

Kritische Bürger gesucht

Da wartet eine große Aufgabe auf Eltern, Schulen, Unis: die Erziehung zum kritischen Bürger. Was können Medien tun? Analytische, verständliche Erklärung, Abwägen der Argumente, kein "moralischer" Kampagnenjournalismus, aber trotzdem klar ausgeschilderte Meinungselemente. Die – verschwörerische – Meinung, dass sich Journalisten noch nie so weit vom Bürger entfernt haben ist falsch: Noch nie in der Geschichte sind sie so sehr vom hohen Ross herabgestiegen, noch nie waren sie so sehr in Kontakt mit ihren Konsumenten. Der Journalismus wird sich dennoch neu erfinden und auch neue Geschäftsmodelle suchen müssen, nachdem man alles gratis ins Netz gestellt und damit vor allem Facebook und Google reich gemacht hat.

Der Trump-Sieg bietet Anlass für Selbstreflexion – bei Medien und Politik. Die versöhnlichen Reden von Clinton, Trump und Obama samt dem Angebot, sich über Gräben hinweg gegenseitig zu unterstützen, klangen in österreichischen Ohren sehr unvertraut. Hören wir also auf, andere moralisch abzuwerten. Es gibt nicht nur Schwarz oder Weiß.

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