Der ORF als einzige Stimme

Der ORF als einzige Stimme
Beim Streit um ORF.at übersieht die Medienpolitik eines: Es geht um die Vielfalt der Medien statt der Gießkanne per GIS-Gebühr
Philipp Wilhelmer

Philipp Wilhelmer

Wann immer eine Dienstleistung im Internet gratis abrufbar ist, ist es verdammt schwer bis unmöglich, damit Geld zu verdienen, besonders im digitalen Bereich. Für Redaktionen, die nicht ORF heißen, wird es in Zukunft also sehr schwierig werden, Abonnenten für ihre Digitalprodukte zu gewinnen, wenn der gebührenfinanzierte Marktführer das Gleiche anbietet – nur gratis.

Eine Medienpolitik, die hier nicht einschreitet, darf sich getrost dazu bekennen, ein Journalismusmonopol der wenigen Stimmen fördern zu wollen. Denn mit digitaler Werbung lässt sich eine teure Redaktion nicht mehr finanzieren. Und wer sich nicht staatlichen Förderungen ausliefern will, wird sich schwer tun, ernst zu nehmende Inhalte anzubieten, wenn sich die Mediennutzung der Leserinnen und Leser weiter aufs Smartphone verlagert.

Zwei Modelle

Im Grunde stehen angesichts des Medienwandels aktuell zwei Modelle zur Debatte: eine verpflichtende Mitgliedschaft über Gebühren, die dem größten Marktteilnehmer die Herstellung von Content erlaubt. Oder die Abstimmung mündiger Bürger: Wer sich für gute Hintergrundberichterstattung interessiert, kann dafür zahlen, in dem er oder sie ein Abo abschließt und bei Nichtgefallen auch wieder kündigt.

Man kann über die Aufgabenstellung des ORF, das Land mit der Bandbreite von Humtata bis Klassik, von Twitter-Debatten bis zur Zeit im Bild zu versorgen, trefflich streiten. Jedenfalls braucht es für eine digitale Plattform, die gratis mit der Gießkanne Inhalte ausschüttet, keine Gebühren. Bedauerlicherweise verkennt die Debatte, die rund um ORF.at entsprungen ist, die Realität:

Da wird als Kompromiss die „Werbefreiheit“ angeboten (als ob man mit Onlinewerbung nennenswerte Erträge verdienen könnte, seit Google und Facebook den Markt ruiniert haben). Oder man ruft dazu auf, doch etwas mehr für die Publikumsbindung zu tun, damit die Menschen doch gerne zusätzlich zu den ohnehin nicht gerade geschenkten GIS-Gebühren noch ein, zwei, drei Abos abschließen.

Grüne als Bollwerk

Als Bollwerk des ORF fungieren hier die Grünen, deren Mediensprecherin Eva Blimlinger unter anderem vor internationalen Playern warnt, während sie den heimischen Medienmarkt an einem Sprung zur Nachhaltigkeit hindern möchte.

In Zeiten der Kritik an sogenannten Systemmedien ist dieser Schulterschluss zwischen Politik und Platzhirsch befremdlich – mit einem News-Monopol, neben dem mittelfristig nur mehr kleine Blogs Platz haben, wird in den multiplen Krisen, vor denen die Gesellschaft steht, nur wenig zu gewinnen sein. Vielleicht ist es auch einfach zu mühsam, einen Haufen relevanter Meinungen zur eigenen Arbeit zu akzeptieren. Und man engt den Blick auf eine Anstalt ein, die ohnehin durchpolitisiert ist.

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