Der "Grüne Pass" und unsere Sehnsucht

FILE PHOTO: A medical worker prepares to administer a vaccination against the coronavirus disease (COVID-19) as part of a Tel Aviv municipality initiative offering a free drink at a bar to residents getting the shot, in Tel Aviv
Bei Israels Öffnungen für Geimpfte und Genesene kann einen der "Freiheitsneid" erschleichen. Aber auch dort läuft es nicht glatt.
Karoline Krause-Sandner

Karoline Krause-Sandner

Sieht man die Bilder aus Israel, könnte man neidisch werden. Endlich wieder in einer Bar statt via Zoom quatschen. Ein Fitness-Center besuchen statt Youtube-Workout. Ein Livekonzert statt Netflix-Abend. Israel ist uns  also nicht nur mit der Beschaffung der Impfstoffe weit voraus – dort sind bald 50 Prozent der Bevölkerung geimpft, in Österreich gerade einmal vier. Sondern auch, was das Konzept betrifft, wie man mit der immunisierten Bevölkerung umgeht.

Zugegeben, wir haben noch viel Zeit, bis  wir eine ähnliche Durchimpfungsrate erreichen. Aber wir könnten zumindest mit dem Nachdenken anfangen, ob es bessere Ideen gibt als das zuletzt vorgeschlagene Armband, um den Impfstatus zu belegen. In Israel ist es eine App (allerdings mit Startschwierigkeiten).

Unser soziales Leben hätte eine Öffnung im sicheren Rahmen mehr als nötig – unsere Wirtschaft ebenfalls. Der Wirt, das Yogastudio und das Theater würden sich über jeden Gast freuen.

Die Ausrede, dass schleppende Impfstoff-Lieferungen und mangelnde Digitalisierung am hierzulande strengeren Datenschutz liegen, muss man aber nicht gelten lassen – in einer Zeit, in der jeder Social-Media-Anbieter mehr über uns weiß als die eigenen Eltern. 

Soziale Spaltung

Trotzdem: Der „Grüne Pass“ kann nur ein Zwischenstopp auf dem Weg zur Normalität sein. Ein Land in Zugelassene und Nicht-Zugelassene zu spalten, könnte sozial wiederum schwer verträglich sein.

Und vergessen wir nicht, dass sich Israel (zugegeben seit Jahren) im Wahlkampf befindet. Wenn Premier Benjamin Netanjahu sich als Impf-Weltmeister und Gastro-Türöffner zeigt, dann hilft das nicht nur der israelischen Wirtschaft, sondern auch ganz besonders einem – dem Spitzenkandidaten Benjamin Netanjahu.

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