Der entkernte Karfreitag
Am Anfang stand ein EuGH-Urteil, mit dem ein Problem „gelöst“ wurde, welches zuvor keines war. Ein konfessionsloser Mitarbeiter hatte dagegen geklagt, dass der Karfreitag für Angehörige der altkatholischen Kirche, der evangelischen Kirchen AB und HB und der evangelisch-methodistischen Kirche als Feiertag galt – und bekam vom EuGH recht.
Das Urteil von 2019 liegt im Zug einer Zeit, welche (auch sachlich plausible) Unterscheidungen tendenziell nur noch als Diskriminierung zu begreifen vermag. Aber so ist das eben.
Seither haben wir alle Jahre wieder um diese Zeit eine Karfreitagsdiskussion, wobei immer so getan wird, als hätte die damalige ÖVP-FPÖ-Regierung aus habitueller neoliberaler Eiseskälte heraus einer Minderheit einfach einen Feiertag gestohlen. Richtig ist freilich, dass diese Regierung zuerst eine unbrauchbare (Stichwort „halber Feiertag“) und dann nur die zweitbeste Lösung gefunden hat, um dem EuGH-Urteil Rechnung zu tragen. Geboren wurde nämlich die Idee eines „persönlichen Feiertags“ – was im Prinzip, da haben die Kritiker schon recht, eine Pflanzerei ist. Vereinfacht gesagt, bedeutet es nämlich: Sie können sich jederzeit einen Urlaubstag nehmen, gerne auch den Karfreitag … Vielen Dank!
Die beste Lösung wäre indes gewesen, den Karfreitag als Feiertag für alle gegen einen der zahlreichen anderen Feiertage, vorzugsweise einen, der nicht vom Konkordat geschützt ist (Oster-, Pfingstmontag, Stephanitag), einzutauschen. Denn es kann gar kein Zweifel bestehen, dass auch für Katholiken und Christen anderer Konfessionen, nicht nur für Protestanten, der Karfreitag (und auch der Gründonnerstag) religiös gesehen bedeutender ist als etwa der Pfingstmontag.
Aber da hat sich die Regierung nicht drübergetraut – politisch vielleicht verständlich (eine unter Generalverdacht stehende Regierung will sich nicht zusätzlich mit den Gewerkschaften anlegen), aber trotzdem falsch. Und die katholische Kirche fürchtet vermutlich Debatten über Feiertage (und sonstige – behauptete oder tatsächliche – Privilegien) wie der Teufel das Weihwasser.
Wozu natürlich (fast) alle applaudiert hätten: wenn der Karfreitag ein zusätzlicher Feiertag geworden wäre. Wenn es um soziale Lizitation geht, bilden sich immer wieder seltsame Allianzen von Kirchen und bestimmten politischen Gruppierungen. Was auch nicht weiter verwundert in einem Land, in dem die Maximierung von freien Tagen durch kluges Ausnützen von Fenstertagen gleichsam zum Volkssport zählt.
Was der „persönliche Feiertag“ statt des Karfreitags noch bedeutet: Er leistet einer – freilich ohnedies weit fortgeschrittenen – religiösen Entkernung der Feiertage Vorschub. Die These sei gewagt, dass damit letztlich allen etwas verloren geht.
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