Schon vor Pandemie und Krieg zeichnete sich eine Entwicklung ab, die sich nun zuspitzt: Der europäische Kontinent ist abstiegsgefährdet. Die USA ziehen sich als Sicherheitsschutzschirm und wirtschaftlicher Partner zunehmend zurück. Biden agiert wie Trump, nur leiser. Im redlichen Kampf um bessere ökologische Standards findet die EU-Spitze nicht nur wenige Verbündete, sondern erzeugt womöglich eine Deindustrialisierung der EU, die letztlich sogar klimaschädlich sein könnte, weil Firmen ihren Sitz dorthin verlegen, wo es für sie geringere Umweltauflagen und niedrigere Steuern gibt. Amerika wirbt um europäische Firmen, denen angesichts der niedrigeren Energiepreise vielleicht gar nichts anderes übrig bleibt, als die Produktion zu verlagern.
Die (richtigen) Sanktionen gegen Russland, die verunglückte deutsche „Energiewende“ (jetzt wird mehr Kohle verheizt), die scheinheiligen Debatten, die nur auf Pseudo-Moral, aber nicht auf Lösung zielen: All das wirkt sich aus. Und es fehlt etwas Wichtiges: der Glaube an eine gute Zukunft, an der alle gemeinsam arbeiten. Ist ja eh lieb (und leider auch schrecklich gefährlich), wenn Jungeltern mit ihren Kindern auf Lastenfahrräder umsteigen, aber viel wichtiger wäre zum Beispiel eine Kraftanstrengung von Wissenschaft und Industrie für autonomes Fahren. Nicht wer am besten gendert, sondern wer bei künstlicher Intelligenz vorne ist, wird künftig die Welt beherrschen. China könnte den USA darin bald den Rang ablaufen, Europa spielt kaum eine Rolle.
Die EU lässt sich außerdem von der Zuwanderung aus den ärmsten Regionen der Welt überrollen, statt aktiv mitzugestalten. Schließlich bekommen „Einheimische“ leider viel zu wenige Kinder. Zuwanderung ist also nötig – keineswegs nur von Hochqualifizierten, sondern von Arbeits- und Integrationswilligen. Das gesamte europäische Regelwerk zu Flüchtlingen war Antwort auf die Verfolgungen der NS-Zeit und später der kommunistischen Diktaturen im Osten. Nicht eingestellt ist es auf die von Schlepperbanden organisierte Migration ins Sozialwesen. Leider schaut es nicht gut aus, dass sich hier bald etwas verändert.
Anderes – etwa Industrieinitiativen oder der Chip Act – sind aber im Werden. Insgesamt ist eine entschlossene Politik nötig, die wieder an Glaubwürdigkeit gewinnt – und eine neue Geisteshaltung. Die herrschende Vollkasko-Mentalität hilft nicht weiter. Dennoch haben Europa und Österreich unglaublich viel Potenzial. Wir können es schaffen, wieder auf die Überholspur zu kommen – und sind viel mehr als ein Erlebnispark für fröhliche Punschtrinker vor Habsburger-Kulisse. Der Abschiedswalzer kann warten.
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