Vor allem jene linken oder auch grünen Kreise, denen das Bundesheer immer ein Dorn im Auge gewesen ist, müssen zusammengezuckt sein, als ihnen klar geworden ist, dass nun ein Offizier im Generalsrang in den kommenden Monaten eine der führenden Rollen im Staat innehat. Deren jahrzehntelange Bemühungen, die Armee auf ein Abstellgleis zu stellen, ihre Notwendigkeit zu hinterfragen, teilweise sogar die Abschaffung zu fordern, sind zerbröselt. Wobei auch so mancher konservative Politiker an diesen Schrauben gedreht hatte. Etwa unter Schwarz-Blau, als der damalige Minister Ernst Strasser von der ÖVP im Jahr 2002 das Heer aus dem obersten Krisenmanagement im Bundeskanzleramt boxte und diese Kompetenzen in sein Innenministerium verlagerte. Nicht zu vergessen die beiden roten Verteidigungsminister Norbert Darabos und Gerald Klug, die das Bundesheer fast totgespart hätten.
Jetzt ist man wieder an der Seite des Kanzlers. Dass Karl Nehammer in der Vorwoche Rudolf Striedinger geholt hat, ist weniger auf die Vergangenheit des Regierungschefs als Leutnant zurückzuführen, als auf Erfahrungen aus anderen Staaten, wo ebenfalls Offiziere als Krisenmanager erfolgreich eingesetzt worden sind. Dazu kommt, dass das Heer seit Beginn der Corona-Krise eine sehr gute Performance hingelegt hat. In den Test- und Impfstraßen, bei den Kontrollen an den Grenzen oder beim Aufrechterhalten von Lieferketten. In der Steiermark wurde sogar ein Pflegeheim kurzfristig von Soldaten geführt, als dort ein Cluster ausgebrochen war.
Im Heer selbst betrachtet man die Aufwertung durch „Gecko“ mit gemischten Gefühlen. Einerseits sieht man mit Stolz den neuen Stellenwert, den die Armee nun genießt. Andererseits befürchtet man ein Scheitern, weil man sich in den Wirrungen der Tagespolitik nicht wirklich auf die gewohnte militärische Befehlskette stützen kann. Dass die neue Form des Krisenmanagements nicht scheitert, muss Rudolf Striedinger auch aus Eigeninteresse heraus ein großes Anliegen sein. Für den Generalmajor, dem bei „Gecko“ der Vorzug gegenüber Ex-Minister Thomas Starlinger gegeben wurde, ist seine neue Aufgabe das ideale Sprungbrett für die Funktion des Chefs des Generalstabs, die 2022 neu besetzt wird.
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