Das hässliche St. Pöltlein

Julia Schrenk

Julia Schrenk

Die Gehsteige werden jetzt erst um 20 Uhr hochgeklappt.

von Julia Schrenk

über St. Pölten

St.Pölten. Vor ein paar Jahren hat man noch gesagt, dass dort um 18 Uhr die Gehsteige hochgeklappt werden. Niemand wollte in St. Pölten leben. Und freiwillig schon gar nicht. St. Pölten galt als hässlich. Als heruntergekommen. Als langweilig. Als zu klein und zu wenig hip, um es mit Wien aufnehmen zu können. Als zu groß und zu wenig persönlich, um mit Krems mithalten zu können. St. Pölten war eine Anti-Stadt.

Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert, zumindest ein bisschen. Aus dem grindigen Bahnhof ist ein halbwegs ansehnlicher geworden. Und wer dort aussteigt, steht quasi schon in der St. Pöltner Fußgängerzone. Wer die Kremser Gasse ein bisschen weiter hinein geht, merkt schnell: Da tut sich was. Schon kurz am Vormittag wuselt es dort. Die Menschen flanieren. Sie kaufen ein. Sie bleiben zum Plaudern stehen. Sie treffen sich im Café Schubert.

Der Kaffee dort schmeckt nicht nur herrlich, weil er von der St. Pöltner Kaffeerösterei Felix ist, sondern weil man im Schanigarten vom Schubert ganz wunderbar Menschen beobachten kann. Mit dem Rücken zur Wand, die Augen auf die Gasse.

Dann kann man beobachten, wie sich drei ältere Herren um 11 Uhr auf ein Achterl Rot im Nachbarschanigarten treffen. Oder wie die St. Pöltner sackerlweise Jungpflanzen vom Pflanzenmarkt in den Körben ihrer Fahrräder nach Hause fahren. (Ja, in St. Pölten dürfen auch Radfahrer in die Fußgängerzone. Und sie werden dafür nicht beschimpft! Da kann sich Wien sogar noch ein Scheiberl abschneiden!)

Aber wer die Fußgängerzone verlässt, ist schnell wieder in der Tristesse angelangt. In der Linzer Straße häufen sich die leeren Geschäftslokale. Die Auslagen sind verstaubt oder mit Karton zugeklebt. Die Menschen wuseln hier nicht, hier trifft man kaum mehr welche. Nur das Café Emmi ist dort ein Lichtblick.

Aber verlassene Ecken gibt es in jeder anderen Stadt auch. Und St. Pölten hat in den vergangenen Jahren immerhin eines geschafft: Die Gehsteige werden jetzt erst um 20 Uhr hochgeklappt.

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