Das blaue Erwachen

Das blaue Erwachen
Salzburg hat gezeigt, dass derzeit nur die FPÖ zuversichtlich in Nationalratswahlen gehen kann. Sie profitiert von einer schwachen Mitte.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Jetzt ist es auch in Salzburg passiert. Die Blauen haben den zweiten Platz erobert und sind ganz knapp an die ÖVP von Landeshauptmann Wilfried Haslauer herangerückt. Mittlerweile sind es schon fünf Bundesländer, in denen die Freiheitlichen diese Position eingenommen haben. In den vergangenen vier Landtagswahlen waren sie die einzige Partei, die jedes Mal ein Plus vor dem Ergebnis hatte. Und die Möglichkeit ist groß, dass es nach Oberösterreich und Niederösterreich in Salzburg die nächste schwarz-blaue Koalition gibt.

Ob sich Wilfried Haslauer mit dieser Koalitionsüberlegung bereits anfreunden kann, darf bezweifelt werden. Wenn es um die Macht im Bundesland geht, wird er aber genauso handeln wie seine niederösterreichische Parteikollegin Johanna Mikl-Leitner. Gleichgültig, wie groß diesmal die Künstlerproteste sind. Und so manchen Parteistrategen in der ÖVP würde es gar nicht ungelegen kommen, wenn so die nächste blau-schwarze Regierungsplattform geschaffen wird. Diese bereiten sich gedanklich darauf vor, dass das nach der kommenden Nationalratswahl die tragfähigste Koalitionsvariante ist. Immerhin ist die ÖVP derzeit die einzige Partei, die eine Zusammenarbeit mit den Blauen nicht ausschließt.

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FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz sprach in seiner ersten Reaktion zum Salzburger Ergebnis von einer möglichen bürgerlichen Koalition. Das klingt attraktiver, als es für so manche in der Volkspartei tatsächlich ist. Denn diese sehen die Freiheitlichen noch immer sehr rechts angesiedelt. Sie stellen sich die Frage, ob auch dann von einer bürgerlichen Koalition gesprochen wird, wenn im Gegensatz zu den Bundesländern auf nationaler Ebene die FPÖ mit Herbert Kickl den Kanzleranspruch stellt.

Die blaue Stärke ist auch die Schwäche der Mitte, das betrifft in erster Linie ÖVP und SPÖ. Bei der regierenden Volkspartei hat man das Gefühl, dass durch Corona, Ukraine-Krieg, die Teuerungswellen und auch die Koalition mit den Grünen das Selbstbild verwässert worden ist. Der Staat als Selbstbedienungsladen, der für alles aufkommt, etwa passt nicht zur DNA dieser Partei. Die SPÖ kann schon seit Längerem nicht erklären, wofür die Bezeichnung „links der Mitte“ steht. Das Ergebnis der KPÖ muss da den roten Verantwortlichen schwer zu denken geben. Und nicht zuletzt hilft den politischen Rändern, dass die schwarz-rote Mitte so zerstritten ist, dass dieser Konstellation wenig bis gar keine Lösungskompetenz zugetraut wird.

Salzburg ist auch für die Neos ein böses Erwachen.

Sie haben in vier Landtagswahlen kaum zulegen können, in Salzburg sogar schwer verloren. Da wird sich auch Bundessprecherin Beate Meinl-Reisinger nicht davor drücken können, den Kurs ihrer pinken Partei zu hinterfragen.

 

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