Coronavirus: Gebt der Forschung Zeit

Coronavirus: Gebt der Forschung Zeit
Es heißt weiter Warten auf einen Wirkstoff gegen Covid-19. Ein frühzeitiger Einsatz wäre fahrlässig, wir brauchen Geduld.
Marlene Auer

Marlene Auer

Die Rückkehr zur alten Normalität rückt weiter in die Ferne: Die Zahl der täglichen Neuinfektionen steigt, die Kurve schwingt nach oben, neben Oberösterreich führt auch Kärnten die Maskenpflicht für bestimmte Regionen ein. Dabei ist es nicht lange her, als wir glaubten, das Virus sei unter Kontrolle. Vor etwa einem Monat, in der Talsohle der Covid-Kurve, wurden Einsatzstäbe aufgelöst und Beschränkungen so weit gelockert, dass uns das fast glauben machte, Corona sei verschwunden. Jetzt sehen wir: So ist es nicht. Das Virus war nie weg, wir können es noch nicht beherrschen und genauso wenig bekämpfen. Die Forschung läuft auf Hochtouren und gerät dabei immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik.

Zum Teil ist das verständlich: Fast täglich prasseln Informationen zu Studien auf uns ein, manche Forschungsreihen werden fortgesetzt, andere eingestellt – denken wir etwa an das von Donald Trump gepriesene Hydroxychloroquin oder an die nicht enden wollenden Debatten rund um die Immunität oder die Verlässlichkeit der PCR- und Antikörpertests. Das verwirrt und befeuert noch mehr den Ruf nach Klarheit und Fortschritt.

Den Virologen in Sachen Wirkstoffentwicklung voreilig Sensationen abringen zu wollen, ist dabei ebenso vermessen, wie generell an der wichtigsten Säule in unserer Antwort auf die Pandemie zu kratzen: der Forschung. Noch nie zuvor wurde unter solchem Hochdruck gearbeitet, der Wettlauf um den Impfstoff ist vollends ausgebrochen. Dass die Pharmaindustrie dabei ihre Interessen verfolgt, sei hier nur am Rande erwähnt. Die Entwicklung neuer Impfstoffe kann zwischen zehn und fünfzehn Jahre dauern. Bei Corona könnte es durch den weltweiten Fokus darauf zwar deutlich schneller gehen – manche glauben an einen Impfstoff nächstes Jahr –, doch sicher ist das nicht. Es ist ein milliardenteurer Marathon und das Tempo aus gesundheitlicher Sicht richtig. Fatal wäre, wenn verabreicht wird, was nicht hilft und noch schlimmer: uns gefährdet. Es braucht Wissen über Langzeiteffekte und das benötigt vor allem eines: Zeit. Dass in Indien bereits im August mit einer Corona-Impfung begonnen werden soll, kann man da nur mit Kopfschütteln kommentieren.

Freilich geht uns das zu langsam und es liegt in der Natur des Menschen, diese Realität nur schwer akzeptieren zu wollen. Erkenntnisse von teils noch nicht einmal veröffentlichten Studien geistern durch soziale Netzwerke und machen den Optimismus zum Teil der neuen Normalität. Fakt ist aber, dass wir Corona noch nicht gut kennen und der Forschung Zeit geben müssen. Fakt ist aber auch, dass wir eines wissen: Abstand schützt, Maske und Händewaschen auch. Wenn wir das Virus beherrschen wollen, steht trotz Warten auf die Wissenschaft also eines fest: Ganz hilflos sind wir nicht.

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