Corona gibt den Börsen den Takt vor

Normalerweise stehen rund um die US-Präsidentenwahl an den Finanzmärkten die Wirtschaftspläne der Kandidaten im Fokus. Heuer nicht.
Robert Kleedorfer

Robert Kleedorfer

"It’s the economy, stupid“ – dieser Leitspruch aus dem Wahlkampf von Bill Clinton 1992 hat seitdem alle Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten geprägt. Auch Amtsinhaber Donald Trump hat den Spruch verinnerlicht. Nicht zuletzt durch das weitere Aufblähen des gigantischen Berges an Staatsschulden hat er – verbunden mit Strafzöllen auf viele ausländische Waren sowie dem Aufkünden von Handelsabkommen – der US-Wirtschaft zu einem Höhenflug verholfen. Profitiert hat er zudem von einer weltweit boomenden Konjunktur.

Unterm Strich betrug in seiner Amtszeit das jährliche Wirtschaftswachstum 2,5 Prozent (unter Vorgänger Obama waren es 2,2 Prozent), die Arbeitslosigkeit war so tief wie seit 50 Jahren nicht mehr, die Steuerreform ließ den Amerikanern mehr Geld im Börsel. Und auch die Börsen boomten vor allem dank des großen Interesses an Technologieaktien. Es lief also alles für eine Wiederwahl Trumps.

Doch dann kam Corona. Seitdem wackelt die Wiederwahl gewaltig. Denn trotz großzügiger staatlicher Unterstützungen, etwa für Arbeitslose, könnte Trumps wirrer Corona-Kurs ihm zum Verhängnis werden. „It’s Corona, stupid!“, möchte wohl mancher Berater dem beratungsresistenten Präsidenten zuraunen.

Börsianer sehen das ähnlich. Nicht primär die Wirtschaftspläne der beiden Kandidaten zählen, sondern der weitere Verlauf der Pandemie. Die Zahl der Neuinfizierten gilt als wichtige Messlatte, wiewohl sie natürlich stark die Wirtschaft beeinflusst. Und da sieht es vielerorts abseits von Asien düster aus. Derzeit hat das Virus Europa erneut fest im Griff und auch die USA leiden nach wie vor. Solange es keinen Impfstoff gibt, bleibt die Lage an den Finanzmärkten volatil. Egal, wer nächster US-Präsident wird.

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