Ölziehen: 20 Minuten Schweigen
Wie ich meine Zähne säubern wollte und meine Gedanken reinigte.
über Ölziehen
Keine Frage, das erste Gefühl, wenn man sich so einen Batzen Kokosfett in den Mund steckt, ist eindeutig ekelhaft. Nach wenigen Sekunden schmilzt es und ich beginne, das Öl durch den Mund und durch die Zahnzwischenräume zu schieben. Wäh.
Die Methode hat eine lange Tradition in der indischen Heilkunde Ayurveda. Das Ziehen mit Sesam-, (nativem) Kokos-, Oliven- oder irgendeinem anderen Pflanzenöl soll Bakterien besser lösen und entgiften. Manche sagen ihm sogar Hilfe gegen Kopfschmerzen, Hautprobleme und Unterstützung bei Blasen- und Nierenleiden nach. Bewiesen ist das allerdings nicht. In kleinen Studien wurde Ölziehen etwa mit antibakteriellen Mundspülungen verglichen – immerhin halfen beide gleich gut oder schlecht gegen Zahnfleischentzündungen, Beläge und Karies. Allerdings kritisieren Experten Ungenauigkeiten bei der Durchführung der Studie.
Wie empfohlen, spüle ich nach dem Aufstehen in der Früh den Mund mit Wasser durch, reinige die Zunge kurz mit einer Bürste und beginne mit dem Ölziehen. Die angeratenen 20 Minuten Zieh-Zeit nutze ich zuerst für meine morgendliche Mini-Übung: Zwei Minuten Planken (Unterarmstütz). Währenddessen macht sich schon meine Kiefer- und Wangenmuskulatur bemerkbar. Das ständige Hin- und Herziehen ist sie nicht gewohnt. Wenigstens trainiere ich nebenbei meine Gesichtsmuskulatur.
Beim Duschen summe und ziehe ich vor mich hin – ansonsten gilt eisernes Schweigen. Erholsam. Weniger für andere, sondern in erster Linie für mich selbst, weil ich mir Zeit für mich und meine Gedanken nehme.
Nach den 20 Minuten hat sich die Flüssigkeit in meinem Mund durch Speichel vermehrt. Ich spucke das Öl endlich aus und putze mir die Zähne. Das Gefühl im Mund ist nicht viel anders als sonst – dafür fühle ich mich im Kopf irgendwie freier.
Fazit:
Für Ayurvediker und Fans alter Heilpraktiken. Auch wenn der Effekt nicht belegt ist, wird immerhin die Durchblutung im Mundraum angeregt. Ölziehen ist aber kein Ersatz für Zähneputzen, sondern allenfalls eine Ergänzung wie etwa Mundspülungen.
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