Olympia gut, alles gut?
Trotz der Aufbruchstimmung sollte nicht vom Klassenerhalt bei der WM ausgegangen werden.
Österreich sieben Punkte, Deutschland sechs Punkte, Italien fünf Punkte, Niederlande null Punkte. Dass die deutschen Spieler weinerlich betonten, sie wären in allen drei Partien, die bessere Mannschaft gewesen, ist rückblickend genauso amüsant, wie die arroganten Aussagen von Constantin Braun vor dem Spiel. Letztlich hatte er sogar Recht, dass die Deutschen gegen Österreicher gewinnen werden. Aber sie taten es erst in der Verlängerung, die den Österreichern völlig egal war, weil mit dem 2:2 nach 60 Minuten die Olympia-Qualifikation entschieden war. Braun scheint jedenfalls unverbesserlich zu sein. Erst im Dezember verlor er mit seinen hochfavorisierten Berliner Eisbären im Viertelfinale der European Trophy gegen die Vienna Capitals.
Trotz aller Freude über das Erreichen des wichtigsten Eishockey-Turniers der zwölf besten Nationen, muss die Frage gestellt werden, ob all die Kritik am österreichischen Eishockey der letzten Jahre ungerechtfertigt war.
Für die Beantwortung sind vier Faktoren von Bedeutung.
1. Manny Viveiros ist nicht bloß Teamtrainer, weil er beim KAC gefeuert wurde und dadurch Zeit hat. Der Austro-Kanadier wird von den Spielern sehr geschätzt. In seiner zweiten Saison als Headcoach hat er sein erstes Ziel schon erreicht. Er wollte ein Umfeld schaffen, bei dem die Spieler mit Freude und Ehre zum Team kommen. Spätestens als Daniel Welser und seine Kollegen in Bietigheim-Bissingen einen Kurzfilm mit dem Titel „Road to Sotschi“ ins Netz stellten, war offensichtlich, dass es Viveiros gelungen war. Der Zusammenhalt abseits und auf dem Eis war riesig. Viveiros holte mit Linz-Coach Rob Daum auch einen hervorragenden Taktiker in den Trainerstab.
2. Die Verjüngung wurde abgeblasen. Ja, das Team ist mit einem Schnitt von über 28 Jahren das älteste seit langem. Aber das Nationalteam ist keine Ausbildungsstätte. Ein jüngerer Spieler darf einen älteren nur dann ersetzen, wenn er mindestens gleich gut ist. Viveiros hatte zum Beispiel Recht mit der Nominierung von Andre Lakos, weil dieser mit seinen zwei Metern Körpergröße und seiner offensiven Qualität den Unterschied ausmachen kann.
3. Es kommen keine Jungen Spieler nach. Richtig. Verband und Vereine haben sich in den letzten zehn Jahren große Versäumnisse geleistet. Die Klubs engagieren zu wenige Profitrainer für den Nachwuchs, die Jugendlichen bekommen viel zu wenig Trainingsmöglichkeiten. Bei Olympia und bei der WM trifft Österreich beispielsweise auf Finnland, wo Nachwuchsteamspieler 600 Stunden pro Jahr gemeinsam trainieren. Die Österreicher kommen auf maximal 250.
4. Verbands-Präsident Dieter Kalt muss zu gute gehalten werden, dass er letztes Jahr Alpo Suhonen als Sportdirektor verpflichtete. Der Finne ist ein international anerkannter Fachmann und arbeitete ein weitreichendes Konzept mit dem Titel „Austrian Hockey 2017“ aus. Mit einer besseren Trainerausbildung, hauptamtlichen Nachwuchsteamchefs und mehr Spielen für die Nachwuchsteams soll Österreich 2017 eine Top-12-Nation werden. Von den Senioren bis zur U-18, die derzeit nur drittklassig ist. Mithilfe des olympischen Rückenwindes muss es jetzt gelingen Fördertöpfe anzuzapfen und Sponsoren für eine professionelle Nachwuchsarbeit zu finden.
5. Dass im Verband nichts weiter geht, ist Vergangenheit. Unbemerkt von der Öffentlichkeit hat sich der Eishockey-Verband neu aufgestellt. Christian Hartl ist seit 1. Jänner Geschäftsführer und für den wirtschaftlichen Bereich verantwortlich, Alpo Suhonen ist als Sportdirektor für den sportlichen Bereich zuständig. Wichtige Entscheidungen, die den Verband und die Liga betreffen, werden im Austrian Hockey Board gefällt, in dem Gernot Mittendorfer von Sponsor Erste Bank den Vorsitz führt.
Trotz der Aufbruchstimmung sollte nicht vom Klassenerhalt bei der A-WM im Mai in Helsinki ausgegangen werden. Nur wenn Österreich wieder so demütig und geschlossen auftritt wie in Bietigheim-Bissingen, besteht die Chance in der Gruppe mit USA, Frankreich, Lettland, Deutschland, Slowakei, Finnland und Russland nicht Letzter zu werden.
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