Die Sexkolumne im Weblog: VERRATEN UND VERKAUFT

Die Sexkolumne im Weblog: VERRATEN UND VERKAUFT
Mehr Humbug geht nicht, doch vielleicht sind banale Denkanstöße wie diese beim Publikum gerade deshalb so beliebt: Eiswünsche verraten Sexvorlieben. Oder aber: Die ultimative BH-Sextypologie. Ziemlich blöd, wenn da trotzdem ein Quäntchen Wahrheit dran wä
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Ich nenne sie schlicht "Verraten"-Listen. Solche sind beim lesenden Völkchen extrem beliebt, auch wenn jeder deren Sinnlosigkeit erahnt. Aber bitte, so etwas nennt sich dann wohl leichte Unterhaltung. Darin glauben Gewitzte zwei Dinge, die so wenig gemein haben wie Wurstsorten mit Tüllvorhängen, kausal verknüpfen zu können. Um damit unendlich banale Geheimnisse zu lüften. Wer sich jetzt, was verständlich wäre, genau nichts darunter vorstellen kann, bittesehr zwei "Verraten-Listen"-Beispiele. Also etwa die geradezu schicksalhafte Verbindung zwischen Tüllvorhang und Wurstsorte: "Farbe der Tüllvorhänge verrät bevorzugte Wurstsorte eines Menschen. Frauen, die sich gerne mit türkisgelbgrünen Vorhängen umgeben, sind Salami-Typen." Beliebt sind absurde Schlüsse wie diese vor allem im erotisch-sexuellen Genre: "Medium, blutig oder völlig durch - Steakqualität verrät die Penisgröße." So betrachtet, wären Steakhäuser ganz sicher der zweitbeste Ort, um als interessierte Frau penislängentechnisch topinformiert zu sein. Gerade in letzter Zeit sind mir jede Menge solcher "Verraten-Listen" untergekommen - und auch wenn ich sage, Himmel, welch ein Humbug, kann ich mich nicht völlig von ihren subtilen Botschaften lösen. Auf dem Höhepunkt dieses Sommers erreichte mich die "Verraten"-Liste Eisvorlieben betreffend: "Eiswünsche verraten Sexvorlieben." Ich lernte also, dass Vanilleeis-Schlecker koital bodenständig und wenig experimentierfreudig sind. Frauen, die Schokogefrorenes bevorzugen, gelten als leidenschaftlich, zärtlich und auf der Suche nach der großen Liebe. Nuss-Fans wiederum besitzen Seele und Gemütstiefe, wobei im Bett der eine oder andere Orkan für Furor sorgen wird. Stracciatella-Konsumenten sind untreu. Wer solcherlei völlig unnützes Wissen einmal in den Archiven seines Gehirns abgespeichert hat, kann trotzdem nicht umhin, Eisesser plötzlich mit anderen Augen zu betrachten. Erst vor Kurzem lag ich länger schlaflos und grübelnd wach, weil sich mein Mann aus heiterem Himmel einen XL-Becher mit Betonung auf Stracciatella bestellt hatte. Auch seit ich die an Banalität kaum zu übertreffende Liste "BH verrät erotische Vorlieben" studiert habe, gehe ich - peinlich, peinlich - einen Hauch sorgsamer mit der Wahl meiner Dessous um. Laut BH-Sex-Typologie der Bestsellerautorin und Therapeutin Tracey Cox gelten Rot und Schwarz als unmittelbare Aufforderung und Botschaft: "Ich will Sex hier und jetzt." Sport-BHS entlarven hingegen die Vorliebe für ausdauernden Sex in allen erdenklichen Stellungen. Wohl deshalb trage ich seit Kurzem bei den ganz wichtigen Terminen mit dem Chef oder Bankberater nur mehr Neutralbeige. Und beim Candlelight-Dinner mit meinem Herzallerliebsten Sport-BHs. Der Wahnsinn gipfelt aber in der These "Ihr Name verrät, wie gut Sie im Bett sind." Numerologischer Schwachsinn, klar - und trotzdem rechnete ich. Demnach bin ich eine, die es liebt, zu experimentieren. Der Gatte hingegen wird als ein Typ entlarvt, der rasch zupackt, im Bett den Chef spielt und schnellen Sex an riskanten Orten bevorzugt. Was blöderweise verdammt gut zu Stracciatella passt.

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