Schulgeschichten

Ich war nie gut in Chemie - bis Frau Professor Schüssler kam.
Andrea Hlinka

Andrea Hlinka

Wir mussten bis in die Oberstufe von unseren Stühlen aufstehen, wenn ein Lehrer oder später ein Professor die Klasse betrat. In der Oberstufe, als die Autoritätshörigkeit den Pubertätshormonen wich, haben es die Professoren aufgegeben darauf zu bestehen - es hätte ewig gedauert die Würdigung der Obrigkeit uniform durchzuführen.

Irgendwie war als 15-Jährige sowieso alles spannender als Mathematik oder Psychologie. Hin und wieder versuchten Professoren über Appelle wie: "Hörts' jetzt zu. Ihr lernts' hier was fürs Leben!" zu uns durchzudringen. Erfolglos. Ich hatte damals Samstagsunterricht. Das war der schönste Tag der Woche, da wir nur die wunderbarsten Fächer hatten: Dazu zählten Sport, Bildnerische Erziehung, Musikerziehung, Deutsch und Chemie. Chemie? Ja! Ich habe Chemie geliebt - sogar am Samstag - obwohl ich nie gut darin war. Genauer gesagt, ich habe Frau Professor Schüssler, meine Chemieprofessorin, geliebt. Sie war streng - auf eine mütterliche Art und Weise, hatte eine Engelsgeduld und hätte sogar einem Esel das Periodensystem beibringen können. Auch ich hatte oft keine Ahnung wovon sie sprach. Und ich habe immer nachgefragt, weil von ihr nie ein genervtes Seufzen oder Augenverdrehen als Antwort kam. Sie erklärte die Dinge so oft, bis sie alle verstanden. Ich denke gerne an Frau Professor Schüssler zurück.

Mit einem guten Lehrer fällt und steht alles. Es gibt auch schlechte Lehrer - so wie es in jedem Berufsstand schwarze Schafe gibt. Manchmal aber resiginieren die Guten, weil ihnen nicht die notwendigen Rahmenbedingungen geboten werden. Irgendwann gibt auch der engagierteste Professor auf, wenn er ständig gegen Wände läuft.

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