Österreich & Sport, armseliger Widerspruch

Immer gegen die Deutschen!
Bei Olympia wird Team Austria wieder nur eine Randnotiz sein. Auch deshalb, weil Sport in diesem Land nur ein Schattengewächs ist.
Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Es lässt mich nicht los. In acht Tagen beginnen die Olympischen Spiele in London, und vor diesem größten sportlichen Ereignis der Welt hatte ÖOC-Chef Karl Stoss gemeint, er wäre mit drei Medaillen sehr zufrieden. Was ist los mit dem Sportland Österreich? Warum ist bei einem Event, bei dem es in 320 Disziplinen 960 Medaillen zu erobern gibt, nicht mehr zu holen? Wie kann es sein, dass in Österreich über die Jahrzehnte nur vereinzelte Ausnahmesportler triumphieren konnten? Und die nicht wegen, sondern trotz eines Systems. Warum ist Rotweißrot im Weltsport kaum existent, sobald kein Schnee im Spiel ist?

Tatsache ist, dass die historische Medaillenbilanz von Wintersportlern mit Ach und Weh aufgefettet wird. Was vor allem daran liegt, dass Skifahren und Skispringen seit jeher ein internationales Minderheitenprogramm sind.

 

96 gegen 18 Medaillen

Dramatisch wird die Betrachtung vor allem dann, wenn wir uns Teambewerbe ansehen. Wie Fußball, Handball oder Volleyball - klassische Schulsportarten, und dennoch ist Team Austria, egal ob bei Männern oder Frauen, fast immer nur als Randnotiz vertreten. Da lohnt sich ein Blick zu unserem östlichen Nachbarn: Ungarn hat in etwa so viele Einwohner wie Österreich. Aber bei den vergangenen fünf Olympischen Sommerspielen holten die Ungarn insgesamt 96 Medaillen, 37 davon in Gold. Österreich brachte es im gleichen Zeitraum nur auf 18, 4 davon in Gold.

Aber auch in anderen Ländern, deren Bewohnerzahl jener Österreichs entspricht, schaut viel mehr heraus. Schweden: 44 Medaillen (11 Mal Gold), Norwegen: 39 Medaillen (16 Mal Gold), Dänemark: 33 Medaillen (11 Mal Gold). Sogar die Schweiz: 29 Medaillen (9 Mal Gold). Und da sind die Erfolge dieser Nationen bei Welt- oder Europameisterschaften in allen erdenkbaren Sportarten nicht mit eingerechnet.

 

Volksgesundheit? Alarm!

Es wird doch hoffentlich niemand glauben, dass es sich bei so einem sportlichen Exoten-Dasein um Zufall handelt. Im Gegenteil: Erst kürzlich beklagte der zuständige Minister, dass Österreich auf dem so genannten Bewegungs-Barometer im untersten Viertel Europas zu finden ist. Was die Folge wovon ist? Ohne Zweifel, Sport hat in diesem Land noch immer keinen Stellenwert. Das macht uns ziemlich einzigartig.

Dabei geht es gar nicht so sehr um Triumphe im Spitzensport. Aber die sind immer auch ein Gradmesser für die gesetzten Prioritäten. Volksgesundheit (und die damit verbundenen Einsparungen im Gesundheitswesen) zählt offenbar nicht dazu.

Ein Blick in Österreichs Schulen genügt. Von der täglichen Turnstunde und flächendeckenden Förderprogrammen sind Österreichs Kinder so weit entfernt wie Griechenland von der Entschuldung. Und ohne zahlreiche ehrenamtliche Engagements wäre die Lage noch viel schlimmer.

Die von Karl Stoss erhofften "drei Medaillen" sind also in Wahrheit alarmierend. Nur: Die Signale nicht zu vernehmen und endlich dementsprechende Strukturen zu schaffen, das ist vermutlich die einzige Disziplin, in der sich Austria im Vorbeigehen locker die Goldene abholt.

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