Der Holzhammer gegen den Papst

Immer gegen die Deutschen!
Ein Magazin zeigt den Heiligen Vater mit gelbem Fleck im Schritt. Achtung, Satire! Aber wie weit darf sie gehen?
Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Die feinste Satire ist die, deren Spott mit so wenig Bosheit und so viel Überzeugung verbunden ist, dass er selbst diejenigen zum Lächeln nötigt, die er trifft." Das sagte einst der deutsche Aphoristiker und Physiker Georg Christoph Lichtenberg. Das Frankfurter Satire-Magazin "Titanic", das schon so oft mit spitzer Feder den Nerv getroffen hat, hat das diesmal nicht beherzigt. Leider. Statt dessen wurde der Holzhammer ausgepackt.

Die Fakten: "Titanic" gestaltete ein provokantes Titelbild, auf dem Papst Benedikt XVI. eine im Schritt gelblich eingefärbte Soutane trägt. Mit der Schlagzeile: "Halleluja im Vatikan - die undichte Stelle ist gefunden." Der Hintergrund dazu war die Affäre Vatileaks, im Zuge derer brisante interne Dokumente aus dem Kirchenstaat an die Weltöffentlichkeit gelangt sind. Auf der Rückseite ist der Papst noch einmal zu sehen. Mit einem bräunlichen Fleck auf der Soutane und der Ergänzung: "Noch eine undichte Stelle gefunden." Lustig? Kritisch?

So oder so ging Joseph Ratzinger dagegen vor. Wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte. "Titanic" befolgte eine einstweilige Verfügung und zog den Titel vorerst zurück.

Religion darf kein Tabu sein

Ich bin aber nun einmal ein Befürworter von Satire, die sich etwas traut. Die mit dem journalistischen Finger in jenen Wunden bohrt, die besonders schmerzen. Die einerseits den Mächtigen einen Zerrspiegel vor die Nase hält und andererseits der Menschen Bösartigkeit oder Stumpfsinn entlarvt.

Wenn es darum geht, sollte es grundsätzlich kein Tabu geben. Auch die Religion darf keines sein. Überall dort, wo Angriffsflächen offenbart werden, muss Satire sich austoben dürfen. Und gerade die Kirche bietet dafür ohne Frage Anlässe genug. Die u. a. unser wunderbarer Karikaturist Michael Pammesberger regelmäßig zelebriert.

Wie gefährlich das mitunter sein kann, zeigte sich im Jahr 2005, als die bösen Mohammed-Zeichnungen in einer dänischen Zeitung zum Politikum wurden, von radikalen Exzessen begleitet. Und von der Frage: Wie tolerant müssen Menschen tatsächlich sein, wenn sie ihren Glauben, ihre Überzeugung, ihre Persönlichkeit verletzt oder verhöhnt sehen?

Satire kann nicht jeder

Und das ist der Punkt. Für mich ist Satire eine der höchsten Kunstformen. Ein Balanceakt für Feingeister mit ausgeprägtem Sensorium. Ein zärtlicher, aber unüberhörbarer Zwischenton im ständigen Getöse der Krawallmacher. Satire kann nicht jeder. Satire können nur wenige. Böse muss sie sein, aber subtil. Frech muss sie sein, aber originell. Provokant muss sie sein, aber elegant. Und im Idealfall schafft sie die witzige Schattierung einer ernsthaften Wahrnehmung und somit Nachdenkprozesse.

Nichts von alledem ist ein Papst mit einem angedeuteten Lulu-Fleck. Für mich, wohlgemerkt. Denn ob der Heilige Vater derlei mit heiligem Humor nehmen sollte, darüber mag jeder seinen eigenen Richterspruch fällen.

Mir scheint jedenfalls ein weiteres Zitat passend, diesmal von Karl Kraus: "Eine Satire, die der Zensor versteht, wird mit Recht verboten."

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