Vorhang auf! Für eine grenzwertige Reise
Vorhang auf! Er begibt sich zu den Soll-Bruchstellen Europas.
Blog Nr. 1127: Eine grenzwertige Reise zu den Soll-Bruchstellen Europas. So nennt mein Freund und Kollege Mario Lang seine Radreise, die ihn in mehreren Etappen vom Nordmeer entlang des Eisernen Vorhangs bis zum Schwarzen Meer führen soll. Fast dreißig Jahre nach dem Fall des Vorhangs begibt sich der Wiener Fotograf auf Spurensuche. Und er stößt dabei erneut an Grenzen. Die neuen Grenzen trennen weniger Ost und West, mehr Nord und Süd. Wieder werden Menschen vom Wohlstand ausgeschlossen.
Kein Radrenn-, sondern Faltradfahrer
Am vergangenen Freitag ist Mario Lang zu seiner dritten Etappe aufgebrochen, von Wien geht es südostwärts.Hierkönnen wir ihm auf seiner Grenzerfahrung täglich folgen. Inzwischen ist er bereits an der ungarisch-kroatischen Grenze. Sein Ziel, das er in fünf Wochen erreichen möchte, ist Istanbul. Lang ist kein ehrgeiziger Rennfahrer, sondern aufmerksamer Faltradfahrer. Ihn interessieren Hintergründe am Wegrand, fremde Menschen und ihre Perspektiven, Facetten der europäischen Zeitgeschichte.
Immer in Griffweite: die Identitätssuche
Zwei Etappen ist Lang im Vorjahr gefahren: eine von Travemünde nach Swinemünde, die andere von Danzig nach Riga. Auf der zweiten Etappe hatte er vier Staaten zu durchmessen, alle vier noch immer auf der Suche nach einer neuen Identität. An einzelne Passagen kann sich der „Eiserne“ noch genau erinnern: „Nach Überquerung der Wisla, die Richtung Meer drängt, bietet sich bald darauf jener Blick, der die ganzen 700 Kilometer auf dem Weg nach Riga immer in Griffweite bleiben wird: die Ostsee.“
Iron Curtain Trail: Michael Cramers Idee
Vor Riga wunderte sich der Reisende, der sich die Geschichte und ihre Geschichten erradeln will, über einen luxuriösen Radweg, der mitten durch den dichten Wald führte. Auch sonst kommen die Klischees vom Osten und vom Westen auf dem Iron Curtain Trail öfters durcheinander. Zum ersten Mal abgefahren wurde der Radweg übrigens vom europäischen Grün-Abgeordneten Michael Cramer. Gemeinsam mit dem österreichischenEsterbauer-Verlaghat er anschließend auch wunderbar übersichtliches Kartenmaterial herausgegeben.
Vom grünen Band zur politischen Obergrenze
Vor ein paar Jahren wunderte sich der Berliner Michael Cramer noch über die üppige Vegetation, das grüne Band im lange unbelebten Niemandsland zwischen den alten politischen Blöcken. Heute muss der Wiener Mario Lang wieder Zäune begutachten. Man hatte gedacht, dass das Projekt Europa keine Grenzen mehr benötigt. Man hat seine Rechnung ohne die Angst der Ängstlichen gemacht. Politiker dürfen wieder von der Festung Europa sprechen und erfinden willkürlich Obergrenzen, für Menschen auf der Flucht.
Von Tag zu Tag, Erfahrung zu Erfahrung
Mehr Live-Berichte und Fotografien von meinem geschätzten Freund Mario Lang wie gesagt auf seinemBlog, den er regelmäßig erweitert.
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