Groundhopping: Bei den Fußballern Wiens
Sie nennen sich Torpedo Erdberg, und ihr Wappentier ist der Apollofalter.
Blog Nr. 1191: Wien, Simmering, Zinnergasse: Der First Vienna Footballclub und seine leidgewohnten Fans befinden sich derzeit auf einer Art Abschiedstour. Auf dem Fußballplatz in Kaisererebersdorf, weit entfernt vom Stadtkern und vom Profifußball, fragt einer in die blau-gelbe Runde: „Wer fährt nächste Woche mit nach Parndorf?“ Bitterer Nachsatz: „Wird wahrscheinlich unsere letzte Auswärtsfahrt.“ Diese absolut großartigen Fans sind das einzige, was dem ältesten Fußballverein noch geblieben ist (neben der Erinnerung). Die Mannschaft von Johann Kleer ist selbst für die dritte Liga nicht konkurrenzfähig. Jetzt droht sogar der Ausschluss aus der Liga.
Ladies first auf dem Landhaus-Platz
Wien, Floridsdorf, Jochbergengasse: Befinde mich derzeit auf einer Tour zu alten Wirkungsstätten, zu den Fußballplätzen Wiens, auf denen ich selbst oft gespielt habe und über die ich 2007 ein Buch geschrieben habe. Zweite Station: der Landhaus-Platz in Großjedlersdorf. Hier ist der Rekordmeister in der österreichischen Frauen-Bundesliga zu Hause. Beim Abschlusstraining zeigt sich: von der sommerlichen Euphorie nach den Erfolgen der ÖFB-Frauen bei der EURO in den Niederlanden ist schon Anfang September wenig übrig geblieben. Im Vergleich zu den Männern von Austria und Rapid fehlt den besten Spielerinnen Wiens Grundlegendes. Und da reden wir nicht vom Talent, sondern von Basics einer professionellen Infrastruktur.
In memoriam Mandi und Jones
Wien, Meidling, Eibesbrunnergasse. Im Mai 2007 verstarb bei einem Spiel des Fußball-Sozialprojekts Schwarz-Weiß Augustin gegen das österreichische Literatur-Nationalteam der Augustin-Verkäufer Jones Emeka. Ich erinnere mich noch genau: ich sah ihn auf den Rasen stürzen. Todesursache: Plötzlicher Herzstillstand. Jones hatte einen angeborenen Herzfehler, von dem er uns nichts erzählt hat. Nur sechs Wochen später verstarb sein Kollege Manol „Mandi“ Ivantschev. An einem Herzinfarkt. Mit einem Spiel gegen die Literaten erinnerten die Augustiner an ihre verstorbenen Kollegen. Ihr 4:2-Sieg war dabei Nebensache.
Wiedersehen mit ehemaligen Leistungsträgern
Wien, Brigittenau, Hopsagasse. Weiter zu einem Phänomen des Wiener Hobbyfußballs: Sie nennen sich Torpedo Erdberg, und ihr Wappentier ist der Apollofalter (weil der, so die Begründung des Ehrenpräsidiums, „so schnell zur Sache kommt“). Seit einer halben Ewigkeit schon kommen die Torpedos einmal pro Woche zur schönsten Nebensache der Welt. Eines der Vereinsziele lautet: Reaktivierung ehemaliger Leistungsträger. Und weil sie nicht mehr die Jüngsten sind, muss ständig reaktiviert werden. Doch die Ambitionen zahlen sich sichtlich aus: Während sich viele andere Hobbytruppen nur mehr passiv am Fußball beteiligen, sind die Torpedos weiterhin und unverzagt aktiv.
Integration auf den Punkt gebracht
Wien, Penzing, Steinbruchstraße. Wahlen gewinnt man, wenn man vollmundig Mittelmeer-Routen für Flüchtlinge schließt. Wahlen gewinnt man eher nicht, wenn man zum Beispiel Fußballvereine wie den Slovan HAC unterstützt. Die Leute von Slovan waren von Anfang an mit den Themen Migration und Flucht konfrontiert: Von Tschechen in Wien gegründet, von den Nationalsozialisten verfolgt, hat dieser kleine Verein in der Nachkriegszeit Hunderte Migranten integriert. Aus dem ehemaligen Jugoslawien, aus der Türkei, und heute auch noch aus ganz anderen Ländern. Vielleicht sollte der oberste Pizzabote des Landes hier mal vorbeischauen und für die Kids und ihre ehrenamtlich tätigen Trainer ein bisserl was da lassen.
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