"Wir machen dort die Arbeit, wo andere nicht hingehen"

Licht am Ende des Tunnels: "Die durch die Hölle gehen" wäre wohl die treffendere Beschreibung für die Industriekletterer. (Bild: Innenansicht eines Turms im Windpark Breitenlee)
Klima-Blog. Einmal im Inneren eines Windrads emporzuklettern ist aufregend. Acht Stunden täglich in schwindelerregender Höhe zu arbeiten ist ein knochenharter Job.
Stefan Hofer

Stefan Hofer

Wir machen dort die Arbeit, wo andere nicht hingehen

von Mag. Stefan Hofer

über Industriekletterer

Ich habe Leute dabei, die speiben sich an." Jakob Seehofer ist - das merkt man gleich - einer, der sagt, was er sich denkt und anpackt. Gemeinsam mit Nina Seehofer führt er die Firma "Skyworkers". Hinter dem luftig-leichten Namen verbirgt sich ein knochenharter Job. Ob "himmlische Höhen oder höllische Tiefen", die "Industriebergsteiger" seien überall einsatzbereit - damit werben die beiden auf ihrer Website.

"Wir machen dort die Arbeit, wo andere nicht hingehen"

Riesige Glasfassaden reinigen, Kamine abtragen, Taubenabwehr oder Bäume Ast für Ast zerlegen, wo Fällen aus Platzmangel nicht möglich ist - das sind Einsatzgebiete der Skyworkers, die Geschäftsstellen in Kufstein, Klagenfurt und Wiener Neustadt führen. "Wir machen die dreckigen Geschichten. Dort, wo andere nicht hingehen", bringt Seehofer seinen Job auf den Punkt.

Leistungen für Windkraftbetreiber machen mittlerweile "zehn bis 15 Prozent" des Geschäfts aus, erklärt Seehofer gegenüber dem KURIER im Windpark Breitenlee, am nordöstlichen Zipfel des 22. Wiener Gemeindebezirks gelegen.

"Wir machen dort die Arbeit, wo andere nicht hingehen"

Dort, inmitten von Erdäpfel- und Weizenfeldern, ragen Strommühlen der WEB Windenergie AG in den Himmel. DieIG Windkraftlädt anläßlich des "Tag des Windes" zu einer PR-Aktion ein. Der "Flying Fox" von einem Windrad sei die erste Seilrutschaktion weltweit dieser Art, die Skyworker sorgen an diesem Tag für das technische Know-How. Zudem dürfen Wagemutige nicht nur einen Blick in die Innereien der Strommühlen werfen, sondern im Turm auch emporklettern.

Die schier endlose und senkrecht nach oben führende Aluleiter flößt Respekt ein. Mit Schutzhelm und am Stahlseil gesichert wuchten wir uns Sprosse um Sprosse nach oben. "Mit den Füßen, nicht mit den Händen klettern - ansonsten geht die Kraft aus", mahnt Harald Kollross. Für den Industriekletterer von standfest.cc, der mich nach oben begleitet, ist diese Tätigkeit sein täglich Brot. Blickt man auf seine Oberarme, glaubt man es sofort.

"Wir machen dort die Arbeit, wo andere nicht hingehen"

Der Aufstieg im Bauch des 74 Meter hohen, weiß gestrichenen "Spargels" dauert rund zehn Minuten. In der Gondel angekommen, zwängen wir uns zwischen Getriebe und Generator hindurch und schlüpfen durch eine Luke nach oben ins Freie. Wienerwald, DC Tower 1, Seestadt Aspern - der Ausblick ist beeindruckend.

Jedes Jahr sind Seehofers Industriekletterer auf rund 100 Windrädern im Einsatz. Rotorblätter reinigen, Flügelreparaturen durchführen. In oft mehr als 100 Metern Höhe. Wind und Regen? Kann vorkommen.

Ob gute bzw. ausgebildete Kletterer bei der Bewerbung einen Vorteil hätten? "Es kommen auch Leute zu uns, die noch nie am Seil waren. Es kommt auf die Höhe an", erklärt Seehofer. Eine Ausbildung im klassischen Sinne gibt es nicht. Einsteiger werden eine Woche von ihm geschult, begleiten danach eine weitere Woche einen routinierten Mitarbeiter bei der Arbeit. "Voraussetzung ist handwerkliche Begabung - und schwindelfrei sollte man sein."

Video: Aufstieg mit der Helmkamera

Im Windpark Breitenlee

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