Hofer inspiziert den BioHof Adamah

BioHof Adamah in Glinzendorf: "Größe und Qualität schließen sich nicht aus"
Klima-Blog, Woche 21: Gerhard Zoubek hat mit seinen Bio-Kistln den Nerv ökobewusster Städter getroffen. Der Adamah-Gründer im Gespräch über Anfänge und Zukunft seines Projekts.
Stefan Hofer

Stefan Hofer

Wir haben mit Wien ein Millionenpublikum vor der Haustür

von Mag. Stefan Hofer

lebt den Öko-Wahnsinn

Nach dem Fußmarsch entlang der L3018 (Fortsetzung zu Hofer, kein Don Quijote im Marchfeld) in Glinzendorf angelangt, liegt das Dorf an diesem kalten Samstagvormittag verwaist vor mir. Die wenigen Autos, die vorbeifahren, zieht es an dasselbe Ziel wie mich: zum Biohof Adamah. Während die Kunden im Hof-Shop goustieren und einkaufen, treffe ich mich mit Gerhard Zoubek in seinem hellen, holz-dominierten Büro im Obergeschoss zum Gespräch - möchte ich doch überprüfen, woher mein Gemüse kommt.

Anfänge

Alles begann 1997. Sein Vater hatte eine Import-Firma, Sohn Gerhard verkaufte Landmaschinen an Bauern. Er war kein "gelernter Bauer", wusste durch seinen Beruf aber sehr genau über die Befindlichkeiten der Landwirte Bescheid.

"Vor 50 Jahren," hebt Zoubek an, "sind von einem Euro, den der Konsument ausgegeben hat, 63 Prozent zum Bauern gekommen. Heute sind es zirka 22 Cent." Die Bauern wüssten gar nicht, dass sie zu "Rohstoff-Produzenten degradiert" worden seien, viele hätten keinen Zugang mehr zu den Kunden, stellt Zoubek die Mechanismen der modernen Agrarindustrie an den Pranger. Er wollte es anders machen, eine Alternative anbieten.

Hofer inspiziert den BioHof Adamah

Als er ankündigte, die Landwirtschaft der Schwiegereltern in Glinzendorf (Marchfeld, NÖ) auf Bio umzustellen, schlug ihm deren Skepsis entgegen: "So etwas funktioniert im Waldviertel oder in den Tiroler Bergen, aber doch net im Marchfeld!“

Zoubek blieb unbeirrt. Er zog die für eine Biolandwirtschaft vorgeschriebene zweijährige Umstellungszeit durch und verkaufte das Umstellungsgetreide ins Lungau; er schaute sich das notwendige Know-How von Biokisten-Betrieben in Deutschland und dem Biohof Achleitner in Eferding ab; er nahm Kontakt mit Botanikern - etwa dem Kürbis-Experten Peter Lassnig - auf und war auch bald auf Märkten vertreten.

Haben ein Millionenpublikum vor der Haustür

Und Zoubek war sich eines entscheidenden Vorteils bewusst, um auch erfolgreich sein zu können: "Wir haben mit Wien ein Millionenpublikum vor der Haustür". Und das Publikum hat Gefallen an der Bio-Kiste gefunden, wie die Zahlen zeigen.

Wachstum

Begann man vor mehr als zehn Jahren mit 60 Kistln, umfasst der Kundenstock mittlerweile 15.000 Personen, 6000 davon bestellen regelmäßig. 14 Märkte werden derzeit beliefert, 2013 folgen zwei fixe Stände auf dem Vorgartenmarkt und in der neuen Markthalle Wien Mitte. 140 Mitarbeiter beschäftigt Zoubek, rund 100 davon Vollzeit. Auf den Feldern arbeiten 12, in den Sommermonaten kommen weitere zehn hinzu, meist aus Rumänien.

"Größe und Qualität schließen sich nicht aus", ist Zoubek überzeugt. Gleichzeitig übt er Kritik an den Supermärkten, die zwar auf den Bio-Zug aufgesprungen sind, dann aber wieder "auf Hochglanz polierte Raritäten" verkaufen. Er wolle "Bioprodukte mit Gesicht" verkaufen.

Kritik

Auf die Frage, woran die Kunden Kritik üben, zählt Zoubek offen einige Punkte. "Die rechtzeitige Anlieferung und Verfügbarkeit ist immer wieder ein Problem. Wenn wir das BioKistl packen, müssen die Lebensmittel da sein", so Zoubek.

Es komme auch vor, dass ein Kistl vertauscht werde oder nicht dort stehe, wo es sich der Kunde wünscht, was manchmal mit der Fluktuation der Fahrer zu tun habe. Druckstellen und in weiterer Folge Schimmel - etwa bei frisch gewaschenen Pfirsichen und Erdbeeren können nicht gänzlich ausgeschlossen, aber zumindest reduziert werden.

Die Verpackungslogistik wurde deshalb geändert. Früher haben Packerinnen jedes Kistl anhand von Bestellisten individuell bestückt. Heute wird jedes Kistl an drei Stationen verpackt: Ganz unten kommt das schwere Obst und Gemüse hinein. Ganz oben Leichtgewichte wie Salat und Himbeeren. Druckstellen sollen dadurch verhindert werden.

Zukunft

Eine Ausdehnung des Belieferungsgebiets ist nicht geplant, auf eine Erhöhung des Mindestbestellwerts eines Kistls von 14 auf 15 Euro müssen sich die Kunden aber gefasst machen. Denn, "obwohl die Touren kurz und dicht sind und wir nicht kreuz und quer fahren", spürt der Familienbetrieb die Spritpreise.

Hofer inspiziert den BioHof Adamah

Nach dem Gespräch werden mir noch Lagerhalle, die Tiefkühlräume und die Packstation gezeigt. Das Fließband steht an diesem Samstag still. Doch in wenigen Stunden läuft es wieder - um am Montag Tausende Familien in Wien mit frischem Obst und Gemüse zu versorgen.

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