Hofer friert

Auf der Hütte: Der Sonnenuntergang erwärmt das Herz, aber nicht die Füße.
Klima-Blog, Woche 19: Der Winter naht, ich kann glücklicherweise meine Gas- und Stromrechnung begleichen. Doch vielen Menschen in Wien geht es weniger gut, Heizkostenzuschuss und Notschlafstellen schaffen ein wenig Abhilfe.
Stefan Hofer

Stefan Hofer

Ich kann meine Stromrechnung bezahlen. Doch das ist keine Selbstverständlichkeit

von Mag. Stefan Hofer

lebt den Ökowahnsinn

Fleisch. "Habe ich kalte Füße, esse ich Fleisch - das wärmt", pflegt Herr G. zu sagen. Doch erstens esse ich derzeit nahezu kein Fleisch (siehe hier), zweitens hätte ich auch nicht gewusst, woher nehmen, im Dunkel der Nacht. Etwa ein Eichhörnchen jagen? Wird in anderen Breitengraden und Kulturen praktiziert, aber doch nicht in Oberösterreich, wo ich privat zu einer Hüttenübernachtung eingeladen war.

Also streifte ich zwei paar Wollsocken, eine lange Jogginghose und einen neongelben Pullover über, der schon bessere Tage gesehen hatte und weiß Gott wem gehörte: Derart adjustiert kroch ich ins Bett, zog die Zipfel der zwei Decken bis knapp unter die Nasespitze hinauf und versuchte zu schlafen. Ich liebe Übernachtungen im Freien, in den Bergen, auf Hütten. Aber der gelernte Österreicher flüsterte mir im Schlaf ein: Zuhause ist's halt doch am wärmsten.

Stimmt ja auch: In meiner Wohnung könnte ich so viel heizen, bis Finnen zum Saunieren vorbeischauen. Tue ich aber nicht, wegen meiner Klima-Challenge. Nicht nur bei Gas, auch beim Strom habe ich auf den Zähler geschaut. In Österreichs Privathaushalten hat sich der Stromverbrauch zwischen 1985 und 2010 verdoppelt - von 8,3 auf 17,1 TWh. Der Verbrauch pro Kopf ist um 85 Prozent von 1100 auf 2034 kWh gestiegen. Ich hab ich den vergangenen zwölf Monaten 1255 kWh in meiner Wohnung verbraucht - und lebe nicht mal alleine.

Ich bin auch in der glücklichen Lage, meine Gas- und Stromrechnung begleichen zu können. Doch das ist keine Selbstverständlichkeit. Rund 100.000 Wiener sind auf den Heizkostenzuschuss der Stadt angewiesen.

Heizkostenzuschuss

Wien hat für diesen Winter übrigens das Zuschuss-System komplett umgestellt: Statt Geld aufs Konto - in der vergangenen Wintersaison waren es 100 Euro je Bezieher - gibt es ab Anfang 2013 nur noch Sachleistungen. Begründung der Stadt: Die Einmal-Überweisung sei auch für andere Zwecke verwendet worden. Nun also so. Einen Antrag können alle Mindestsicherungsbezieher, Mindestpensionsten und Pensionisten, die Mietbeihilfe erhalten, stellen. Die Stadt begleicht dabei nicht nur Strom- und Gasrechnungen einkommensschwacher Haushalte, sondern tauscht zudem alte, energiefressende Geräte. Insgesamt stehen für diese Saison wieder sechs Millionen Euro zur Verfügung.

Auf der Straße

Und für einige wenige gilt: Was nützt der Zuschuss, wenn es keine Bleibe gibt? In den Wintermonaten schlafen laut Schätzungen einige Hundert Personen pro Tag im Freien - trotz teils klirrender Kälte oder Schneefalls. Deshalb ruft die Wiener Obdachloseneinrichtung "Gruft", die von der Caritas betrieben wird, zu Spenden auf. In der Krise geht es nicht nur mehr um den "klassischen Sandler", bereits ein Drittel der Hilfesuchenden sind unter 30 Jahre alt.

Chronik-Kollege Martin Gantner hat diese Woche in der Notschlafstelle übernachtet, seinen Bericht lesen Sie hier.

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