Ein längst überfälliger Wandel

Spanien: Erstmals vier große Parteien im Parlament.
Das Wahlergebnis kann fatale Konsequenzen haben – hat Spanien aber auch demokratischer gemacht.

Spanien ist demokratischer geworden. Damit ist das Wahlergebnis vor allem eines: ein längst überfälliger Wandel.

von Mag. Leila Al-Serori

über die spanischen Wahlen

Radikaler Wechsel. Ende eines Systems. Politische Unsicherheit. Nach den Wahlen in Spanien scheint nichts mehr wie es war. Tatsächlich ist ein historischer Umbruch geschehen: Erstmals werden vier starke Fraktionen im Parlament vertreten sein, erstmals braucht der Ministerpräsident einen Partner zum Regieren.

Spanien ist damit ein ganzes Stück pluralistischer und demokratischer geworden – hat damit auch ein weiteres Stück mit der Franco-Vergangenheit aufgeräumt. Erst 1975 endete die Diktatur, bis heute ist dieser Teil der spanischen Geschichte nicht aufgearbeitet worden. Beendet wurde Francos Herrschaft auch nicht durch einen Putsch oder einen Volksaufstand, sondern schlichtweg durch seinen Tod. Dass man danach überhaupt in eine Demokratie überging, war gar nicht geplant, ist vor allem dem damaligen König Juan Carlos zu verdanken. Zwei große Parteien haben sich seither die politische Macht im Land aufgeteilt. Dieses Zweiparteiensystem ist nun vorbei. Ein großer Teil der Wähler hat jungen, neuen Bewegungen ihre Stimmen gegeben. Die Spanier haben sich deutlich für eine Veränderung ausgesprochen, das politische System, wie es seit Francos Tod bestanden hatte, abgewählt.

Preis ist politische Instabilität

So vielfältig wie die Menschen ist erstmals auch die politische Landschaft. Spanien hat dafür vierzig Jahre und eine gewaltige Wirtschaftskrise gebraucht. Der Preis für diese neue Ära ist allerdings eine politische Instabilität, womöglich auch baldige Neuwahlen. Keine der vier großen Parteien kann leicht eine Mehrheit bilden. Damit ist völlig unklar, wie die künftige Regierung aussehen wird. Da sich das Land erst seit kurzem wirtschaftlich erholt, löst diese Unsicherheit vor allem an einem Ort große Sorge aus: in Brüssel. Ein Ende des harten Sanierungskurses, den der konservative Premier Mariano Rajoy geführt hat, könnte nämlich ungeahnte Folgen für die Eurozone haben.

Nichtsdestotrotz war der Umsturz notwendig: Denn Spanien ist demokratischer geworden – alle Wege sind nun offen. Damit ist das Ergebnis dieser Wahlen vor allem auch eines: ein längst überfälliger Wandel. Und eine Chance.

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