Nur im eigenen Namen
Anonymität im Netz enthemmt. So viel kann man sehen, wenn man sich jeden Tag durch diverse Postings arbeitet.
Da hatte HC Strache sein unsägliches Posting ("Wahnsinnstat in Graz! Der Täter ist aus Bosnien. Ein religiös begründetes Attentat wird nicht ausgeschlossen") noch gar nicht auf seine Facebook-Seite gestellt. Und eigentlich hatte auch noch niemand so richtig erfasst, was vergangenen Samstag bei der Amokfahrt in Graz passiert war. Doch die Hassposter, fast alle wie immer anonym, die griffen schon fleißig in die Tasten. Sie beleidigten und fanden blitzartig schnell die vermeintlich Schuldigen. Und zwar in einem Ausmaß und einer Unerträglichkeit, dass sich die meisten Online-Medien, die über die Grazer Amokfahrt berichteten, wie natürlich auch der KURIER, gezwungen sahen, ihre Kommentarfunktion vorübergehend zu deaktivieren.
Feindbilder
Sie gehören zum internet wie zur Meinungsfreiheit – die Hetzer und Hassposter, die "ihre Wahrheit" via Netz in die Welt tragen. Sollen sie ihre Beleidigungen sprühen und ihre Untergriffigkeiten austeilen. Sollen sie ihre Feindbilder und Vereinfachungen pflegen, ihre Vorurteile schüren – Recht und Verpflichtung jedes verantwortungsvollen Mediums aber ist es, die widerlichen Postings zu löschen. Punktum. Keine Verhandlungen.
Warum etwa muss jemand im Netz – natürlich anonym – aufs Derbste und persönlich Beleidigendste über eine Ministerin herziehen, die an Krebs erkrankt ist? Natürlich wurde das Posting sofort gelöscht. Aber hätte der Verfasser dieser widerlichen Belästigung, so frage ich mich, ähnlich Unsäglichkeiten von sich gegeben, wenn sein/ihr echter Name unter dem Posting gestanden wäre?
In der Überzahl
Anonymität im Netz enthemmt. So viel kann man sehen und sagen, wenn man sich jeden Tag durch diverse Postings arbeitet. Und auch wenn der oder die eine oder andere ohne Namensnennung mutig endlich zu schreiben wagt, was er oder sie mit Klarnamen nie von sich geben würde, bleibt doch ein umbestreitbarer Eindruck. Die anonymen Hetzer und Verleumder sind in der Überzahl.
Ja, es stimmt: Eine freie Gesellschaft braucht freie Meinungen – absolut wahr. Und freie Meinung, die kann man eben manchmal nur von sich geben, wenn sie anonym ist – das ist viel, viel weniger wahr. Manchmal, da bedarf es eines Whistleblowers, um von Missständen zu berichten oder Unrecht aufzuzeigen.
An einer Hand abzählen
Aber, Hand aufs Herz, wie oft finden diese mutigen, gewagten Mails oder Postings ihren Weg in die Redaktionen oder zur Justiz? Man kann sie im Jahr an einer Hand abzählen. Und wie viele anonyme Hasspostings treffen jeden Tag in den Redaktionen ein? So viele, dass man oft mit dem Löschen kaum nachkommt.
Wer mit Vorliebe beleidigt und andere mit Hass verfolgt, wer Nazi-Parolen von sich gibt oder in Flüchtlingen den Grund für den Untergang des Abendlandes sieht, der ändert wahrscheinlich sein Weltbild nicht, wenn er seinen echten Namen angeben muss. Für viele andere aber, die da ungehemmt ins Netz rotzen, ist es vielleicht doch ein Anstoß, sich zwei mal zu überlegen – was man sagt und wie man es sagt – im eigenen Namen.
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