Danke für den Input

Reinvent Media: Ja gerne, aber wie? Bertelsmann-Chef Thomas Rabe gab bei den Medientagen eine mögliche Antwort.
Der Bertelsmann-Chef schlägt ein Netflix für Zeitschriften vor. Was wir daraus lernen könnten.
Philipp Wilhelmer

Philipp Wilhelmer

Wie macht das der Sender, der aus dem toten GeschäftszweigVideothek“ entstand?

von Philipp Wilhelmer

Über Thomas Rabes Netflix-Vergleich:

Die Medien erfinden sich gerade wieder einmal selber neu: Auf den Podien einschlägiger Kongresse wie den Österreichischen Medientagen sitzen Berater, Manager, Chefredakteure, Blogger, Werbetreibende und andere Szenegrößen und geben sich gegenseitig das Mikro in die Hand, um das gemeinsame Problem zu lösen: Das Internet hat uns allen sehr geschadet.

Buzzword-Trick

Wie soll man damit umgehen? Jedes Jahr wird die Ratlosigkeit größer. Auf Kongressen gibt es für solche Fälle einen einfachen Trick: Man generiert ein neues Buzzword, über das später alle reden. Heuer war der Chef des größten deutschen Medienkonzerns, Bertelsmann, Thomas Rabe dran: Der Aufbau einer "Kostenlos-Kultur" sei ein Fehler gewesen. Diesbezüglich kann sich Rabe durchaus "eine Art Netflix" für Zeitschriften vorstellen. "Das ist aber nur als konzertierte Aktion aller Verlage möglich." Man ist versucht, den Netflix-Vergleich als Sprechblase abzutun, gerade mal geeignet, einen Vortrag vor Medienschaffenden mit etwas Dramatik aufzupeppen. Dabei liegt Rabe in dem ungelenk wirkenden Vergleich nicht sehr weit vom Anspruch, den sich alle Medien zu stellen haben: Netflix macht uns vor, wie moderne Medien einen eigenen Markt schaffen, statt nur von der Krise und dem wohlbestallen Gestern zu philosophieren.

Aber: Wie?

Nun, wie macht das der Sender, der aus dem toten GeschäftszweigVideothek“ entstand?

  • Der Algorithmus: Netflix setzt die Kraft des Computers ein, um Leute zu unterhalten. 76.897 Genres hat der Sender definiert, fand das US-Portal Atlantic.com heraus. Das bedeutet: Wenn ich gerne „Sopranos“ sehe, gibt es im dahinterliegenden System eine Kategorie, die mir Ähnliches vorschlägt. So geht Unterhaltung. Algorithmen beherrschen unser Leben, die Medien setzen aber noch viel zu wenig auf ihre Kraft. Stattdessen wird unheimlichen Giganten wie Google und Facebook das Feld überlassen.
  • Die Nische: Wie alle US-Sender, die in den vergangenen Jahren Erfolg hatten, setzt Netflix auf eine genaue Zielgruppe, deren Vorlieben (siehe oben) bedient werden. Was links und rechts am Wegesrand liegen bleibt, kann Netflix egal sein. Es gilt nicht, wertlose Sendezeiten zu bespielen, sondern Programm zu bieten, wenn der Kunde aufdreht.
  • Die Zahlungskraft: „If you’re good at something, never do it for free“, wusste schon der Joker in der Batman-Folge "The Dark Knight". Seien wir also nicht schüchtern: Für ein gutes Produkt zahlen die Kunden gerne.

Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehen haben gemeinsam dasselbe Problem: Ihre Kunden sind verwöhnt (gratis) und unzufrieden (alles, und am besten sofort auf jeder Plattform). Wer es schafft, das Modell Netflix in die Nachrichtenwelt zu übersetzen, hat eine kleine und wertvolle Nuss geknackt. Insofern: Danke für den Input, Herr Rabe!

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