Blick zurück ohne Zorn
Das Jahr endet weit optimistischer, als es begonnen hat.
Das Jahr endet weit optimistischer, als es begonnen hat: Das Wirtschaftswachstum war doppelt so hoch wie prognostiziert. Österreich profitiert vom starken Nachbarn Deutschland und Gott sei Dank auch wieder von den Exportmärkten in Ost- und Mitteleuropa. Diese Region wächst trotz manch politischer Unsicherheit stärker als der restliche Kontinent. Österreichische Unternehmen sind dort stark engagiert. Erinnern Sie sich, dass das noch kürzlich als hoch riskant für unser Land eingestuft wurde? Auch die Steuerreform der alten Regierung wirkt positiv. Eine weitere soll folgen, wenn auch ihre Finanzierung noch im Nebel liegt.
Während man 2016 noch von bedrohlich weiter wachsenden Arbeitslosenzahlen ausging, ist die Beschäftigung in der gesamten Eurozone so gut wie im Vorkrisenjahr 2007, meldete Berater EY diese Woche. Was leider nicht bedeutet, dass es für Ältere sowie Unqualifizierte leichter geworden ist, einen Job zu bekommen (gleichzeitig beklagen Firmen, dass sie keine Mitarbeiter finden). Von der neuen Regierung wird man daher Arbeitsmarkt-, Bildungs- und wahrscheinlich auch Sozialstaatsreformen einfordern müssen. Die neue Koalition will ja tatsächlich etwas bewegen – aber wahrscheinlich weniger, als Wirtschaftsliberale erhoffen und ihre Kritiker vorbeugend befürchten (wobei diese wohl heimlich auf in ihrem Sinne "böse" Nachrichten warten).
Armutsgefährdung, Glyphosat, Diesel
In der Flut negativer Meldungen geht auch leider unter, dass die Armutsgefährdung in unserem Land (trotz starker Zuwanderung aus armen Weltgegenden) gesunken ist: von 15,2 Prozent im Jahr 2008 auf 14,1 Prozent, wie der Thinktank Agenda Austria gerade meldete. "Armutsgefährdung" bemisst sich übrigens daran, ob jemand weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens zur Verfügung hat.
Und wenn der Dieselskandal auch 2017 noch in aller Munde war – zu Recht weil die Autofirmen schwindelten –, dann verpufft dabei oft, dass der CO2-Ausstoß von Dieselfahrzeugen seit 2000 um 19 Prozent reduziert wurde und weiter sinken wird. Österreich verfehlt dennoch die Kyoto-Ziele, sagen die Kritiker. Stimmt, das liegt aber vor allem am Steuer-einträglichen Tank-Tourismus.
Über der heurigen Glyphosat-Aufregung vergessen wir auch beinahe, dass in nur zwei (!) Prozent der österreichischen Lebensmittel minimale, aber keineswegs gesundheitsgefährdende Spuren des Spritzmittels Glyphosat gefunden wurden (in Linsen und Leinsamen). Insgesamt ist die Pestizid-Belastung unserer Nahrungsmittel im letzten Jahrzehnt deutlich gesunken.
Auch die Börse – von der heimischen Politik seit Jahren stiefmütterlich behandelt – feiert heuer ein Jubeljahr. Europa und Österreich haben das Jammertal nach der Finanzkrise 2008 durchschritten. Wir alle hätten es schlechter erwischen können. Hundert Jahre nach der Gründung dieser Republik aus dem Elend und Chaos eines verlorenen Weltkriegs steht Österreich exzellent da. Die Prognosen schauen auch für 2018 gut aus. Mögen sie diesmal (hoffentlich!) wahr werden. Willkommen, 2018.
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