14.000 Personen gehen pro Jahr in Bildungskarenz. Bis zu einem Jahr ist so eine Auszeit für unselbstständig Tätige möglich. Sie bekommen 55 Prozent ihres vorangegangenen Nettoeinkommens (und dürfen nebenher noch geringfügig beschäftigt sein). Voraussetzung ist lediglich ein halbes Jahr Vor-Beschäftigungszeit – bis 2009 waren es wenigstens drei Jahre.
Der Haken: Es sind meist die ohnehin schon höher Gebildeten und damit Besserverdienenden, die sich eine weitere Ausbildung (oder einen langen Urlaub) vom Staat bezahlen lassen. Nicht selten ist es ein Vorwand der Work-Life-Balance-Generation, um eine Zeit lang einem ungeliebten Job zu entfliehen. Gern werden Sprachkurse mit einer kleinen Weltreise verbunden. So ein Online-Kurs lässt sich ja leicht an jedem Flecken der Welt absolvieren, die Anforderungen sind nicht übertrieben hoch.
Und was ist, wenn kein Abschluss zustande kommt? Nicht wirklich ein Problem. Der Rechnungshof merkte dazu knochentrocken an: „Die Möglichkeiten des AMS, Weiterbildungsgeld im Falle fehlender Ambition bei der Weiterbildung zurückzufordern, waren sehr begrenzt.“
Ebenfalls überschaubar ist sehr oft der Nutzen für Unternehmen und Arbeitnehmer. Nicht zufällig sind zwei Drittel der Auszubildenden Frauen: Die Inanspruchnahme von Bildungskarenz im Anschluss an die Elternkarenz hat sich innerhalb von nur vier Jahren verzehnfacht! Kursanbieter treten sogar ganz unverblümt mit dem Titel „Babypause verlängern“ am Markt auf. Vermutlich sind auch etliche der Teilnehmer versteckt arbeitslos: Immerhin ein Drittel der Frauen und ein Viertel der Männer sind im Anschluss an eine Bildungskarenz ohne Beschäftigung.
Die 300 Millionen Euro, die die Bildungskarenz jährlich kostet, sollten besser investiert werden: In sinnvolle Hilfe für schlecht Qualifizierte, damit für sie der soziale Aufstieg leichter wird. Der Erfolgsnachweis muss akkurater nachprüfbar und Nichterfüllung darf nicht konsequenzlos sein. Kocher will im Herbst dazu eine „breite öffentliche Debatte“ führen. Wozu eigentlich? Dank des RH-Berichts liegt ohnehin glasklar auf dem Tisch, was zu tun ist: Missbrauch abstellen.
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