Berechtigtes Misstrauen

Personalpolitik auf Parteiwunsch im ORF – für den General opportun, für das Unternehmen schädlich.
Philipp Wilhelmer

Philipp Wilhelmer

Einem Management, das sich derart der Politik ausliefert, ist tatsächlich zu misstrauen.

von Philipp Wilhelmer

Über den Misstrauensantrag der ORF-Redakteure

Ein Jahr noch, dann wird der ORF-Chef gewählt. Für Alexander Wrabetz mögen die Bande zu Rot, Schwarz und Blau daher opportun sein – für den ORF geraten die Entscheidungen, die sein politisches Networking hervorbringt, zum Problem.

Jüngstes Beispiel: Der seit Monaten vakante Posten des Wirtschaftschefs im Radio wurde von Wrabetz gegen den Willen der Redaktion mit einem kolportierten ÖVP-Wunsch besetzt. Rupert Kluger, Oberösterreicher mit bisherigem Dienstposten Ö3-„Wecker“, soll künftig die renommierte Wirtschaftsberichterstattung koordinieren. Hinter den Kulissen rumort es. „Parteigunst, nicht Sachkenntnis entscheidet neuen Radio Wirtschaftschef“, twitterte Klugers Vorgänger, Michael Csoklich gar.

Der zuständige Radiodirektor, Karl Amon, blieb bei der Bestellung überhaupt auf Tauchstation und machte gegen alle Usancen keinen Vorschlag. Er sei ohnehin chancenlos gegen den mit der ÖVP eingefädelten Deal gewesen, hört man.

„Was soll’s?“ mag Amon sich auch gedacht haben, schließlich war er derjenige, der den Radio-Wien-Wortchef Edgar Weinzettel ebenfalls gegen den Willen der Redaktion zum Innenpolitikchef im Radio vorschlug. Weinzettl, bis dahin eher im Rathaus unterwegs, galt als roter Wunsch.

Wegen eines Formalfehlers wollen die ORF-Redakteure nun ein Schiedsgericht einberufen und nennen dies selbstbewusst einen „ Misstrauensantrag“ gegen Wrabetz. Eigentlich höchste Zeit. Einem Management, das sich derart der Politik ausliefert, ist tatsächlich zu misstrauen.

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