Richtig schmerzhaft wird der Versuch, das noch größer zu denken: Wie wollen wir eigentlich 2050 in Österreich und in Europa unterwegs sein? Spricht man mit Bahn-Managern, tun sich unbekannte Abgründe auf: Trotz aller Lippenbekenntnisse zur Verlagerung des Lkw-Verkehrs auf die Schiene macht der hohe Strompreis die Fahrt mit dem Diesel-Lkw vergleichsweise enorm billig. (Staatliche Hilfe bekommt nur der Personenverkehr.) Die Strom- und Sicherheitssysteme, die in fast jedem EU-Land anderen Regelungen unterliegen, werden nur sehr langsam europäisch harmonisiert. Wahr ist, dass es wegen nationaler Kleingärtnerei keine Lokomotive gibt, die von Spanien nach Österreich oder weiter in den Osten fahren kann.
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Das größte Problem stellt aber Deutschland dar. Seit Jahrzehnten wird dessen Bahninfrastruktur fahrlässig vernachlässigt, heute stehen DB-Kunden vor einem Trümmerhaufen. Wenn, wie 2022, nur 65 Prozent der Züge pünktlich ankommen, werden Pendeln und Reisen zum Glücksspiel. Betroffen davon sind aber auch alle Nachbarstaaten, die sich nicht mehr auf das Technikland Deutschland verlassen können.
Was soll das denn eigentlich für eine EU-Verkehrswende weg von Flugzeug und Verbrenner-Auto sein, bei der wir auf die Bahn vergessen? Dabei hat die EU sehr wohl Pläne für transeuropäische Netze, die auf der Erkenntnis beruhen, dass leistungsfähige und gut vernetzte Infrastrukturen von zentraler Bedeutung für Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand sind. Diese Erkenntnis wird offensichtlich ignoriert. Was es in Wahrheit bräuchte, ist eine Art Marshallplan für die EU-Schieneninfrastruktur. Oder zumindest den Willen, wenigstens die EU-Hauptstädte mit Hochgeschwindigkeitszügen und Nachtzügen zu verbinden.
Weil wenn das alles weiter nicht passiert, können wir uns Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand nämlich einrexen.
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