Die Not der Anreiz-Regierung

Andreas Babler, Christian Stocker, Beate Meinl-Reisinger
Die Koalition verspricht vor der Klausur Investitionsanreize für die stagnierende Wirtschaft. Wer hat sie bisher daran gehindert außer die eigene Courage?
Johanna  Hager

Johanna Hager

"Ich will den Kuchen größer machen“, sagt sein Vorgänger im Vorjahr am Traunsee, „und in den kommenden fünf Jahren ein Gesamtwachstum von 10 Prozent erreichen“. Karl Nehammers Rezept ist nachweislich nicht auf- und er selbst vom innenpolitischen Parkett abgegangen. Die Probleme sind geblieben, mehr noch: Sie sind größer geworden.

Wenn Christian Stocker im ORF-Sommergespräch zum ersten Mal als Kanzler und Chef der zweitstärksten Partei Rede und Antwort stehen wird, wird er das in einem TV-Garten tun, der zu gedeihen scheint. In Österreichs Wirtschaft selbst wächst kaum etwas – außer die Angst vor einem weiteren Abschwung und Anstieg der Arbeitslosen- sowie Inflationsrate, die heute bekannt werden. Österreichs wichtigster Handelspartner Deutschland meldet erstmals seit 2015 mehr als drei Millionen Arbeitslose. Von Wirtschaftswachstum kann hierzulande ob der Prognosen von Wifo (0,0 %) und IHS (0,1 %) keine Rede sein, von Entspannung bei der Teuerung – Wifo und IHS gehen für 2024 von 2,9 % Inflation aus – auch nicht. Das alles trübt die Stimmung und treibt nun endlich die Regierung?

Das Credo vom „leben und leben lassen“ und „Comeback von Leistung und Wettbewerbsfähigkeit“ hat sich abgenutzt, ehe es jemandem genutzt hat, und wird seit Tagen vom Kanzler durch eine Formel zu ersetzen versucht: 2-1-0.

Stocker will Maßnahmen ergreifen, die die Inflation auf 2 % reduzieren, ein Wachstum von 1 % generieren und niemanden tolerieren, der die Gesellschaft infrage stellt. So klar die Botschaft, so unklar ist, woher die Mittel für die bereits avisierten Investitionsanreize (Investitionsprämien u. a.) kommen sollen. Bekanntlich muss Österreich allein heuer 6,4 Milliarden Euro einsparen. Unklar ist auch, welchen Wirtschaftswunderwerkzeugkasten die Koalition nach der Klausur am Mittwoch präsentieren wird, der die Teuerung bekämpfen und die Wirtschaft stimulieren kann.

Unerfindlich die Gründe, die die Regierung bisher daran gehindert haben, sich einem der Ziele so zu verschreiben, dass es bei der Bevölkerung ankommt. Wenn schon nicht spürbar im Alltag, so zumindest glaubhaft, was das Ansinnen selbst betrifft. Geglaubt wird laut Umfragen nämlich weiter mehr den Versprechen der FPÖ.

Warum nehmen ÖVP, SPÖ und Neos die Nicht-Wahlzeit (regulär gewählt wird 2027 in den Ländern) nicht endlich selbst als Anreiz, um ihren Formeln Fakten folgen zu lassen? Im Herbst und bei den Beamtengehältern können sie beweisen, wie ernst es ihnen mit dem „Bohren harter Bretter“ ist, als die sie Politik stets beschreiben. Den von Türkis-Grün beschlossenen Beamte-KV über 0,3 % der Inflation für 2026 wieder aufzuschnüren, macht den Kuchen nicht größer, spart aber dem Staat Millionen und zahlt auf das Glaubwürdigkeitskonto der Regierung ein.

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