Im Niger hat ein Militärputsch ein relativ demokratisches System hinweggefegt und … – normalerweise endet hier die Aufmerksamkeitsspanne, weil: Umsturz in Afrika, der dritte nach Burkina Faso und Mali im Westen, ja eh.
Hierorts kommt Afrika nur im Zusammenhang mit Flüchtlingswellen, Rückschiebeabkommen und Hungerkatastrophen vor. Die USA haben sich geopolitisch von dem Kontinent verabschiedet, Europa ist mit seinem Versuch, westlich orientierte Regime im Westen zu stützen, gescheitert. Das liegt nicht nur an den Islamisten dort, sondern an zwei Playern, die es „besser“ (= ohne demokratische Dünkel) machen:
China, das in die Infrastruktur investiert, wenn es sich Rohstoff- und andere Vorteile verspricht – und im ungenierten Neokolonialismus Potentaten Potentaten sein lässt; und Russland, das tut, was es überall auf der Welt tut, um seine Vorstellung von der „russischen Welt“ umzusetzen: destabilisieren, um die andere, die westliche Welt zu schwächen.
In Afrika erfolgt die russische Einflussnahme über Waffen- und Technologielieferungen und, wenn’s sein muss, über die Entsendung von Wagner-Söldnern. Eine russische Rolle beim Putsch in Niger wird angenommen.
In die USA kann Moskau keine Söldner schicken, dort erfolgt die Einflussnahme über Desinformationskampagnen und nachrichtendienstliche „Hinweise“ im Wahlkampf. Die Destabilisierung der Demokratien in Europa wird über die Unterstützung rechtspopulistischer Bewegungen und Fake News/Wahlbeeinflussung in großem Stil versucht.
Auf dem Balkan, wo die Sehnsucht nach EU-Europa trotz zögerlicher EU lebt, versteht sich Russland als aktiver Störfaktor mit breiter Basis in Serbien. Im Nahen Osten hat Russland dem Schlächter von Damaskus, Bashar al-Assad, das Überleben gesichert, um seinen Fuß am Mittelmeer zu behalten.
Russland strebt nicht die „Weltherrschaft“ an, wie in Zeiten des Kalten Krieges gerne gefürchtet wurde. Das geht sich mit weit größeren Kalibern wie China oder Indien nicht aus (auch wenn Putins Kettenhund Medwedew schon vom russisch geprägten Eurasien von Lissabon bis Wladiwostok fantasierte). Aber Russlands Ziel ist, nicht erst seit dem Überfall auf die Ukraine, die Schwächung des verhassten, Russland „bedrohenden“ Westens und die „Vereinigung all jener, denen das russische Wort und die russische Kultur teuer sind, wo immer sie auch leben, in Russland oder außerhalb“. „Russki mir“ (Russische Welt) heißt diese im vergangenen Jahr erneuerte politische Doktrin.
Das muss wissen, wer auf Verhandlungen mit Moskau zur Beendigung von dessen Kriegsverbrechen in der Ukraine hofft. Denn diese russischen Interessen sind ein weiter Begriff. Wie weit, dafür reicht ein Blick nach Afrika.
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