In Nordmazedonien zeichnet sich eine politische Wende ab

Gordana Siljanovska-Davkova
Die seit Mitte 2017 regierenden Sozialdemokraten und ihr Präsidentschaftskandidat scheinen vor einer Niederlage zu stehen.

Nordmazedonien wählt am 8. Mai in der Stichwahl seine neue Präsidentin oder den Präsidenten. Gleichzeitig findet auch die Parlamentswahl statt. Prognosen zufolge zeichnet sich eine politische Wende zu Gunsten der nationalkonservativen VMRO-DPMNE ab. Die seit Mitte 2017 regierenden Sozialdemokraten (SDSM) und ihr Präsidentschaftskandidat scheinen vor einer Niederlage zu stehen.

Nach der ersten Runde der Präsidentenwahl am 24. April steht die Kandidatin der oppositionellen VMRO-DPMNE, die Verfassungsexpertin Gordana Siljanovska-Davkova (70), mit gut 40 Prozent der Stimmen in klarer Führung. Amtsinhaber Stevo Pendarovski (61), ebenfalls Jurist und Kandidat des sozialdemokratischen Lagers, erhielt im ersten Wahldurchgang knapp 20 Prozent der Stimmen.

Ausschlaggebend werden die Stimmen der albanischen Volksgruppe sein

Die beiden Politiker waren auch 2019 in der Stichwahl um das Präsidentenamt gegeneinander angetreten. Damals war das Kräfteverhältnis nach der ersten Runde äußerst ausgewogen. Die Stichwahl hatte Pendarovski klar gewonnen.

Ausschlaggebend werden mutmaßlich die Stimmen der albanischen Volksgruppe sein, die etwa ein Viertel der Bevölkerung ausmacht. Doch diesmal scheint die gleichzeitige Parlamentswahl die Position Pendarovskis zu erschweren. Jüngsten Umfragen zufolge dürfte die VMRO-DPMNE einem klaren Wahlsieg mit gut 41 Prozent der Stimmen entgegenblicken. Die Sozialdemokraten (SDSM) würden mit knapp 23 Prozent mit Abstand zurückbleiben.

Den Sprung ins Parlament könnten auch zwei Bündnisse albanischer Parteien schaffen

Jüngsten Umfragen zufolge dürfte die VMRO-DPMNE einem klaren Wahlsieg mit gut 41 Prozent der Stimmen entgegenblicken. Die Sozialdemokraten (SDSM) würden mit knapp 23 Prozent mit Abstand zurückbleiben.

Die VMRO-DPMNE könnte demnach mit 53 von 120 Parlamentssitzen rechnen, die Sozialdemokraten würden auf 30 kommen. Den Sprung ins Parlament würden auch zwei Bündnisse albanischer Parteien schaffen: die Europäische Front um die mitregierende Demokratische Integrationsunion (DUI) kann mit etwa 13 Prozent der Stimmen rechnen. Dem Bündnis Vredi (Es lohnt sich) um die albanische oppositionelle Partei Besa werden knapp zehn Prozent vorausgesagt.

Einen Sprung ins Parlament erwarten auch die Ende des Vorjahres vom Bürgermeister von Kumanovo, dem ehemaligen Sozialdemokraten Maksim Dimitrievski, gebildete Bewegung ZNAM (Ich weiß) und die Linke mit jeweils gut sechs Prozent der Stimmen. Im Rennen um Parlamentssitze befinden sich insgesamt 17 Parteien und Bündnisse.

VMRO-DPMNE sei nicht gegen die EU-Integration

Die VMRO-DPMNE, die zwischen 2006 und 2016 an der Macht war, und die Sozialdemokraten scheinen unterdessen seit Jahren völlig entgegengesetzte Standpunkte zu vertreten.

Die klar proeuropäischen Sozialdemokraten waren seit 2022 vergeblich um die Anerkennung der bulgarischen Volksgruppe in der Verfassung bemüht. Dies war auf Drängen des benachbarten EU-Landes Bulgarien die Voraussetzung für den Start der Beitrittsgespräche mit Brüssel. Der größte Widerstand kam von der VMRO-DPMNE, die sich einer Verfassungsänderung, wofür im Parlament eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, widersetzt.

Seine Partei sei nicht gegen die EU-Integration, wolle allerdings sehen, "ob es überhaupt einen Plan" gebe, meinte der VMRO-DPMNE-Vorsitzende Hristijan Mickoski im Wahlkampf.

Ungelöste Probleme: Korruption und Kriminalität

Die nationalkonservative Partei hatte sich zuvor auch als klare Gegnerin des Staatsnamens Republik Nordmazedonien profiliert, mit dem 2018 der langjährige Streit zwischen dem damaligem Mazedonien (FYROM) und Griechenland beendet worden war.

Präsidentschaftskandidatin Siljanovska-Davkova ließ wissen, dass sie als Präsidentin die Bezeichnung Mazedonien anstatt Nordmazedonien zu benutzen gedenke. Nach dem Wahlsieg in der ersten Runde wollte sie sich allerdings nicht dezidiert gegen die EU-Integration ihres Landes aussprechen. Sie sei für eine EU-Mitgliedschaft, wenn diese dem "mazedonischen Staat und den nationalen Interessen" keinen Schaden anrichten würde.

Bei einer Umfrage Ende März bezeichneten rund 66 Prozent der Befragten die sozialdemokratische Regierung als "erfolglos". Als die größten ungelösten Probleme wurden dabei die Korruption und Kriminalität, die hohen Lebenshaltungskosten, niedrige Einkommen und Arbeitslosigkeit genannt.

Die Arbeitslosenrate belief sich im Vorjahr auf 12,3 Prozent

SDSM-Chef Dimitar Kovacevski wiederholte im Wahlkampf immer wieder, dass man eine Rückkehr "in die Vergangenheit" - als die VMRO-DPMNE an der Macht war -, in eine "Zeit der inneren Spaltungen und Konflikte", vermeiden müsse. Er versprach aber auch einen wesentlichen Anstieg des Durchschnittseinkommens auf 1.100 Euro. Im Februar lag es mit knapp 40.000 Denari bei gerade 648 Euro. Die Arbeitslosenrate belief sich im Vorjahr auf 12,3 Prozent, wobei die jüngere Generation stärker betroffen ist.

Laut dem VMRO-DPMNE-Vorsitzenden Mickoski würde seine Partei nicht nur 50.000 neue Arbeitsplätze schaffen, sondern auch die Gemeinden mit jährlich 250 Millionen Euro für Investitionsprojekte unterstützen.

Seit dem Abschluss des Ohrid-Abkommens im Jahr 2001, mit dem der albanischen Volksgruppe mehr Rechte zugesichert wurden, gehören eine oder mehrere albanische Parteien zu den traditionellen Regierungspartnern.

Bisher ließ nur DUI-Chef Ali Ahmeti wissen, mit welcher Partei er ein Regierungsbündnis ausschließt, nämlich mit jener, die sich der Verfassungsänderung widersetzt. Das Bündnis Vredi äußerte sich nicht dazu. Dafür ließ aber Mickoski wissen, dass seine Sympathien bei Vredi liegen.

Stimmberechtigt sind gut 1,8 Millionen Bürger.

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