Wolfsgruß beim Bundesheer
Erst kürzlich sorgte ein TikTok-Video für Schlagzeilen. Darin waren drei Grundwehrdiener (teils in Uniform des österreichischen Bundesheeres) in einer Kaserne zu sehen, wie sie den berüchtigten Wolfsgruß zeigen und dabei in die Kamera lächeln. Das Zeichen, das unter anderem für eine Ideologie des Großtürkentums steht, gezeigt von jungen Männern, die ihre Wehrpflicht im österreichischen Bundesheer ableisten.
Oder von zwei Burschen, die bei einem islamistischen motivierten Terrorangriff ihr Leben für einen österreichischen Polizisten riskieren. Wie passt das zusammen?
"In weitaus mehr Gruppen verbreitet"
Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger beschäftigt sich schon länger mit den Grauen Wölfen. Er ist sich sicher, dass nicht jeder, der ihn zeigt, sich der vollen ideologischen Bedeutung bewusst ist.
"Man kann das etwa vergleichen mit den Corona-Demos. Auch nicht jeder, der dort teilnimmt, trägt das gesamte ideologische Gedankengut der Identitären oder Neonazis mit", so Schmidinger.
Zu verharmlosen sei der Wolfsgruß aber auf keinen Fall. „Er ist definitiv ein Symbol der rechtsextremen Bewegung. Er wird aber nicht nur von den organisierten Mitgliedern der Grauen Wölfe verbreitet. So sieht man in den Wolfsgruß in der Türkei auch bei AKP-Anhängern. Er wird von weitaus mehr Gruppen verwendet“, sagt der Politologe Thomas Schmidinger.
Den Ursprung in Österreich sieht er in der frühen kulturellen Hegemonie und der Organisation von Vereinen. „Es gibt zudem auch eine türkisch-nationalistisch inspirierte Jugendkultur, in der der Gruß verbreitet ist“, fügt Schmidinger hinzu.
Provokation
Tatsächlich fallen gerade Jugendliche immer wieder mit dem Gruß auf. „Viele wollen damit provozieren und für Aufmerksamkeit sorgen. Quasi einen auf harten grauen Wolf machen“, sagt Fabian Reicher, Sozialarbeiter bei der Beratungsstelle Extremismus, einem Angebot von BOJA - Bundesweites Netzwerk Offene Jugendarbeit.
"Mit dreizehn war jeder ein Grauer Wolf. Man weiß ja gar nicht, was das bedeutet. Ich dachte einfach, das steht dafür, Türke zu sein", sagte einer der Jugendlichen, der selbst bei den Ausschreitungen in Favoriten dabei war, kürzlich im KURIER-Gespräch über „Bro und Kontra“. Im Projekt, mitbetreut auch von Fabian Reicher, wurden die Ereignisse in Favoriten mit Jugendlichen aufgearbeitet.
Imaginierte Macht
Für Reicher ist einer der Hauptgründe, warum nationalistische Ideologien gerade bei Jugendlichen anziehend wirken, dass sie Macht imaginieren. "Eine Macht, die diese Jugendlichen real nie erreichen werden, weil sie im Alltag marginalisiert und diskriminiert werden", erklärt Reicher.
Das alleinige Verbot des Wolfsgrußes erachtet er als unwirksam. "Symbolverbote sind auch nur Symbolpolitik. Sie ändern real nichts". Es brauche Präventivarbeit und vor allem mehr Bildung. "Auch wenn sich hier von viel getan hat, gibt es noch immer zu wenig", sagt Reicher.
Dem stimmt auch Schmidinger zu. "In Österreich hält man noch immer stark an einer Nationalbildung fest. Es wird kaum über die Grenzen hinausgeblickt. Der Mangel an Bildung über die türkische Geschichte und die politischen Konstellationen ist ein Riesenproblem", betont Schmidinger.
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