Serbiens "Solschenizyn" Dragoslav Mihailović gestorben

Serbiens "Solschenizyn" Dragoslav Mihailović gestorben
Er wurde 93 Jahre alt. Als Schriftsteller gab er sozial Benachteiligten eine Stimme.

Der serbische Schriftsteller und Verfolgte des Tito-Regimes, Dragoslav Mihailović, ist im Alter von 93 Jahren in Belgrad gestorben. Das berichteten serbische Medien am Sonntag unter Berufung auf Mihailović' Familie. Seine Romane und Erzählungen wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Sein fünfbändiges dokumentarisches Werk "Goli otok" über das gleichnamige berüchtigte Straflager Titos entstand aufgrund eigener Haft-Erfahrungen.

Das fünfbändige Werk brachte Mihailović Vergleiche mit dem Russen Alexander Solschenizyn (1918-2008) und dessen "Archipel Gulag" ein. In deutscher Sprache erschien von Mihailović unter anderem der Roman "Als die Kürbisse blühten" (1972). Dieser 1968 im Original in Jugoslawien erschienene Roman verärgerte damals die dortigen Behörden. Die Aufführung einer szenischen Umarbeitung des Romans wurde damals kurz vor der geplanten Premiere in Belgrad verboten.

Die Stimme der sozial Benachteiligten

Zu Mihailovićs künstlerischen Markenzeichen gehörte die Fähigkeit, Menschen aus speziellen Milieus - etwa Obdachlosen, Häftlingen oder Partisanen - eine Stimme zu geben. Seine Literatur gilt als lebendiger Ausdruck der jüngeren Geschichte des Balkans. Darüber hinaus verfasste er Dramen, Drehbücher und Essays.

Geboren am 17. November 1930 in der zentralserbischen Stadt Ćuprija, wuchs Mihailović als Sohn eines Textil- und Spezereienhändlers auf. Im Alter von 19 Jahren wurde er aus politischen Gründen verhaftet und verbrachte zwei Jahre hinter Gittern, darunter auch auf der Adria-Insel Goli Otok, in der vor allem Gegner des damaligen jugoslawischen Präsidenten Josip Broz Tito einsaßen. Ins Visier der politischen Polizei Jugoslawiens geriet Mihailović, weil er sich 1949 offen für zwei Schulkameraden eingesetzt hatte, die im Zuge der damaligen ideologischen Auseinandersetzung zwischen Stalin und Tito der Subversion angeklagt waren.

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