Raab: Wertekurse werden von 8 auf 24 Stunden aufgestockt

Integrationsministerin Susanne Raab
Angeboten werden die Kurse seit 2015. Seit 2017 ist die Teilnahme für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte verpflichtend.

Seit dem Jahr 2015 haben in Österreich 10.342 Werte- und Orientierungskurse stattgefunden. Insgesamt nahmen bisher 123.020 Personen an diesen Kursen teil. Nun sollen sie weiter ausgebaut werden. Die Details gab Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) heute im ÖIF-Zentrum (Österreichischer Integrationsfonds) bekannt.

Im Regierungsprogramm wurde bereits ein deutlicher Ausbau der Werte- und Orientierungskurse festgelegt. Mit dem kommenden Jahr müssen Asylberechtigte statt bisher acht Stunden 24 Stunden absolvieren – statt einem Tag sind es also nun drei Tage. Bisherige Erfahrungen und Evaluierungen hätten gezeigt, dass ein Tag nicht ausreiche, um sich in Österreich orientieren zu können, betonte Ministerin Raab. Mit der Aufstockung sollen auch neue Schwerpunkte gesetzt werden. „Fördern und fordern“ ist dabei das Motto. Das dreitägige Kursprogramm wird derzeit in einer Pilotphase finalisiert.

Am ersten Tag stehen Deutschlernen, Bildung und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt im Mittelpunkt. „Deutsch ist die Basis“, so Raab. Am zweiten Tag sollen freiwilliges Engagement und kulturelle Aspekte des Zusammenlebens thematisiert werden. „Es ist wichtig, mit den Menschen hierzulande in Kontakt zu treten. Die ehrenamtliche Arbeit ist dazu eine tolle Gelegenheit und auch ein wichtiger erster Schritt in Richtung Arbeitsmarkt-Integration“, erklärte die Ministerin. Viele in Österreich würden sich ehrenamtlich engagieren. Wie oft die Ministerin selbst ehrenamtlich gearbeitet habe? „In meiner Schulzeit habe ich mich politisch engagiert. Und vor Covid habe ich auch hier im ÖIF freiwillige Deutschkurse gegeben“, sagt Raab.

Am dritten und letzten Tag stehen Verfassungswerte und rechtliche Integration auf dem Programm. Als themenübergreifender Schwerpunkt ist die Gleichberechtigung und Selbstbestimmung von Frauen in allen Bereichen des Lebens im gesamten Kurs verankert – im Fokus stehen dabei die Rolle der Frau in Österreich, Frauenrechte, Gewaltfreiheit sowie die Bedeutung wirtschaftlicher Unabhängigkeit. „Es ist wichtig, patriarchale Strukturen, die mitgebracht werden, zu thematisieren und dagegen anzukämpfen“, sagte Raab. Auf die Frage, ob denn Ungleichheit und Diskriminierung in Österreich ebenfalls thematisiert würden, antwortete die Ministerin: „Man darf auf keinem Auge blind sein. Aber hier geht es darum, Werte wie Gleichberechtigung zu vermitteln.“

Raab: Wertekurse werden von 8 auf 24 Stunden aufgestockt

Der KURIER konnte einen kurzen Blick in einen Wertekurs werfen.

Einblick in einen Wertekurs

Beim am Dienstagvormittag stattfindenden Wertekurs geht es gerade um Solidarität und Zusammenhalt in der Gesellschaft. Es ist der zweite von den insgesamt drei Tagen für die Kursteilnehmer. Kursleiterin Greta erklärt der afghanischen Gruppe, was das in Österreich bedeutet. Ein Dolmetscher übersetzt das Ganze. Das Deutschniveau von den Teilnehmern reicht von A1 bis B2. Zwei Teilnehmer in der vorderen Reihe machen interessiert mit. Den Rest scheint der Kurs nicht besonders zu erreichen.

Angeboten werden die Kurse seit dem Jahr 2015, seit 2017 ist die Teilnahme für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte verpflichtend. Sie müssen in der Erstberatung eine sogenannte „Integrationserklärung“ unterschreiben, darin verpflichten sich die Betroffenen, einen Werte- und Orientierungskurs und auch einen Deutschkurs zu besuchen. Die Wertekurse informieren über „zentrale Grundregeln des Zusammenlebens in Österreich“ wie Gleichberechtigung von Mann und Frau, Einstieg in den Arbeitsmarkt, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie über Alltagswissen zu Themen wie Bildungs- und Gesundheitssystem, Hausordnung oder auch Mülltrennung.

Von den über 10.000 Kursen waren 6.129 Werte- und Orientierungskurse, bei 4.213 handelte es sich um sogenannte „Vertiefungskurse“. An den verpflichtenden Werte- und Orientierungskursen nahmen 35 Prozent Frauen und 65 Prozent Männer teil, bei den Vertiefungskursen waren 41 Prozent Frauen und 59 Prozent Männer.

Die meisten der Lehrgänge fanden laut Information aus Raabs Büro in Wien, Niederösterreich und der Steiermark statt. Bei den Vertiefungskursen waren jene mit den Themen „Arbeit und Beruf“ am stärksten nachgefragt, gefolgt von „Kultur und Gesellschaft“ sowie „Umwelt und Nachbarschaft“.

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