Nach ÖVP-Kritik: Mehr als 50 Kunstschaffende melden sich mit offenen Brief
Im November 2021 fand an der Akademie der bildenden Künste in Wien die "Muslim* Contemporary" statt. Ziel des Kunstfestivals war es, Musliminnen und Muslimen einen Raum zu geben, in dem sie ihre Alltagsrealitäten näherbringen und einen Diskurs darüber schaffen.
Die beiden Politikerinnen Laura Sachslehner, die auch designierte Generalsekretärin der ÖVP ist, und Caroline Hungerländer sahen darin eine Veranstaltung mit "Naheverhältnis zum politischen Islam" und "linksextreme Gewaltbereitschaft", wie es in einer schriftlichen Anfrage im Gemeinderat ausdrückten. Die ÖVP-Abgeordneten kritisieren unter anderem ein Gruppenfoto, in dem einige Frauen ihre Faust in die Luft strecken. "Laut einem Bericht der Konrad Adenauer Stiftung über linksextreme Symbolik, steht die geballte Faust für 'Kampf- und Gewaltbereitschaft'", heißt es in der Anfrage.
Prominente Unterstützung
Nun gibt es aber Gegenwind aus der Kunstszene. Über 50 Kulturinstitutionen und Kunstschaffende, unter ihnen etwa prominente Persönlichkeiten wie der Rektor der Akademie der bildenden Künste Johan Frederik Hartle, oder die Direktorinnen der Kunsthalle Wien, Ivet Ćurlin, Nataša Ilić und Sabina Sabolović, melden sich mit einem offenen Brief gegen den „ÖVP-Angriff“. "Wir weisen diese Argumentation der ÖVP aufs Schärfste zurück und möchten mit großer Sorge auf diesen ÖVP-Angriff auf Kunstfreiheit und die muslimische Zivilgesellschaft aufmerksam machen. In ihren Vorwürfen nimmt die ÖVP-Anfrage weder auf die künstlerische Arbeit noch auf den Inhalt der Ausstellung Bezug", heißt es darin.
"Von der ÖVP instrumentalisiert"
Kritisiert wird in dem offenen Brief vor allem die Unterstellung des "Politischen Islams". "Der vage Begriff 'politischer Islam' wird abermals von der ÖVP instrumentalisiert, um Muslim:innen und rassismuskritische Stimmen anzugreifen, einzuschüchtern und zu kriminalisieren. Künstler:innen of Color, die (teils rechtswidrige) ÖVP-Rechtspolitik kritisieren und künstlerisch den Rassismus verarbeiten, den sie tagtäglich erleben, wird in verschwörungstheoretischer Manier 'ein Naheverhältnis zum politischen Islam' unterstellt“, wird im offenen Brief begründet.
Auch wird der Vorwurf um das Gruppenbild eingeräumt. "Weiters unterstellt die ÖVP-Anfrage den beiden Politikerinnen Mireille Ngosso (SPÖ) und Faika El-Nagashi (Die Grünen) auf Basis einer ebenso fragwürdigen Schlussfolgerung „linksextreme Gewaltbereitschaft“. Auf einem Foto, das bei der Ausstellung entstanden ist, seien die beiden mit erhobener Faust abgebildet. Wie weithin bekannt, ist die erhobene Faust unter anderem ein etabliertes Zeichen für anti-rassistische Bestrebungen für die Rechte und Gleichbehandlung Schwarzer Menschen", erklärt der offene Brief.
In voller Länge können Sie den offenen Brief hier lesen: Offener Brief — Muslim*Contempory
ÖVP "geradezu erstaunt"
Prompt reagierte die Wiener Volkspartei am Dienstag dann auch auf den offenen Brief. So zeigten sich Generalsekretärin Laura Sachslehner sowie die Integrationssprecherin Caroline Hungerländer "geradezu erstaunt".
"Es ist ein demokratiepolitisches Recht einer Oppositionspartei und jedes einzelnen Abgeordneten in Wien eine schriftliche Anfrage zu stellen", heißt es in einer Aussendung. Nachsatz: "Vor allem wenn es um die Verwendung öffentlicher Gelder geht." Daraus einen Angriff auf die Kunstfreiheit zu konstruieren, sei "völlig absurd". Einmal mehr stellen die VP-Vertreterinnen "die berechtigte Frage, ob durch mögliche Förderungen der Stadt Wien Bemühungen zur notwendigen Eindämmung des politischen Islams konterkariert werden". Den offenen Brief werten sie als "Angriff auf eine sachlich gestellte Anfrage im Wiener Gemeinderat".
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