Medien und Migranten: Das ständige Spiel mit der Herkunft

Naz Küçüktekin, Petar Rosandić, Mirad Odobašić und Mohamed Ibrahim.
"Mehr Platz" lud zur Podiumsdiskussion bei der Buch Wien: "Warum bist du anders, obwohl du gleich bist?"

Es ist ja prinzipiell schön, in der Zeitung zu stehen. Als Migrant ist das nicht immer so: Die Herkunft muss für allerlei Zuschreibungen herhalten, die zumeist negativ sind. Warum ist das so? Und warum sind Menschen mit Migrationshintergrund so selten in den heimischen Redaktionen vertreten? Mirad Odobašić und Naz Küçüktekin von „Mehr Platz“ luden am Donnerstag zu einer Podiumsdiskussion bei der Buch Wien, um diesen Fragen nachzugehen. Mit ihnen am Podium saßen Mohamed Ibrahim, ein Pressesprecher bei der Wiener Polizei und der Flüchtlingshelfer und Rapper Petar Rosandić aka Kid Pex.

Der Drang, herauszustreichen

Beginnen wir mit den Klischees: „Man merkt bei manchen Medien den Drang, herauszustreichen, ob ein Täter Österreicher oder Österreicher mit Migrationshintergrund ist“, sagt Pressesprecher Ibrahim. „Ich frage mich manchmal: Wenn ich eine Straftat begehe, tue ich das als Österreicher oder als Österreicher mit ägyptischen Wurzeln?“

Medien und Migranten: Das ständige Spiel mit der Herkunft

Mohamed Ibrahim arbeitet als Pressesprecher der Wiener Polizei.

Negative Aspekte

Migrationshintergrund – eine Eigenschaft, die im öffentlichen Diskurs fast ausschließlich mit negativen Aspekten in Verbindung gebracht wird. Wobei hier eine Differenzierung stattfindet, die auch problematisch ist: „Es hat sich gewandelt: Die guten und die bösen Ausländer“, sagt Rosandić. Jene mit christlichem Hintergrund, die schon länger hier sind, würden gegen Moslems ausgespielt.

Die Opferrolle

Und auch in den Communities läuft nicht alles so, wie es sollte: Ibrahim beobachtet etwa eine Tendenz zur Opferrolle und einen Rückzug in die eigene Bevölkerungsgruppe. „Auch hier liegt die Verantwortung, sich zu integrieren, die deutsche Sprache zu lernen und seinen Job zu machen“, findet er.

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KURIER-Chefredakteurin hat das Projekt "Mehr Platz" in die Wege geleitet. 

"Isst du kein...?"

Es gibt laufend Alltagssituationen, in denen die eigene Herkunft zum Thema gemacht wird, sagt Ibrahim. „Die Leute fragen mich immer: Fastest du, isst du kein Schweinefleisch, trinkst du keinen Alkohol? Meine österreichischen Kollegen werden das nicht gefragt.“ Daraus ergibt sich die ständige Frage: „Warum bist du anders, obwohl du gleich bist?“

Küçüktekin sieht sich hingegen ständig mit Glaubensfragen konfrontiert, die sie unpassend findet. „Noch bevor mich Menschen fragen, ob ich religiös bin, werde ich gefragt, warum ich nicht ein Kopftuch trage.“

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Naz Küçüktekin arbeitet seit einem halben Jahr beim KURIER. 

Stadt/Land

Ibrahim wuchs in Mürzzuschlag in der einzigen ägyptischen Familie im Ort auf. Rückblickend betrachtet empfindet er das als Privileg. Mangels anderer Ägypter führte an einer Integration in die Mehrheitsgesellschaft kein Weg vorbei: „Ich sehe die Gefahren in Wien größer, dass man die Integration verschläft, weil viele Menschen aus unterschiedlichen Ländern zusammenkommen.“

Abwertung der Sprache

Rosandić, der in Wien aufgewachsen ist, genoss seinerseits die riesige Balkancommunity in der Stadt. „Ich bin froh, dass ich hier mehrere Fenster bekommen habe.“ Was ihn stört, ist die Abwertung der Muttersprache der Menschen. „Wenn ich hier sagen würde, dass ich Französisch kann, wären viele beeindruckt. Die Sprache aus der alten Heimat am Balkan zähle hingegen nichts. „Das ist wie im Fußball die zweite, dritte oder vierte Bundesliga.“

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Petar Rosandić aka Kid Pex engagiert sich in den letzten Jahren als Flüchtlingshelfer. 

Hürde

Viele Migrantinnen und Migranten lesen Nachrichten in ihrer Muttersprache. Die sprachliche Hürde für österreichische Medien sei für viele einfach zu hoch, sagt Küçüktekin: „Ich lese gerne Qualitätsmedien, habe aber auch einen akademischen Grad. Meine Eltern nicht. Ich brauche denen nicht mit einem komplizierten Text kommen - sie konsumieren dann oft auch türkische Medien.“ Entsprechend müsse man differenzieren: „Man muss die Menschen an unterschiedlichen Punkten abholen. Wir werden oft als Migranten bezeichnet, so als wären wir eine homogene Zielgruppe.“

Alle betonten, dass es möglich ist, mehrere Identitäten in sich zu vereinen: „Ich muss mich nicht entscheiden, ob ich Österreicherin oder Türkin bin", so Küçüktekin. "Ich bin beides. Ein Tiroler, der nach Kärnten geht, wird ja auch immer ein Tiroler sein.“

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