Will Regierung Korruption vertuschen? Widerstand in Kroatien
In Kroatien stoßen die Pläne der Regierung, das Durchsickern von Informationen aus Ermittlungsverfahren zu unterbinden, auf heftigen Widerstand. Gegen die vorgesehenen Änderungen des Strafgesetzes, mit denen die unbefugte Weitergabe von Informationen aus Ermittlungen und Beweisverfahren strafbar werden soll, protestieren sowohl Journalisten als auch die Oppositionsparteien. Sie fordern, dass die Regierung davon absieht.
Der kroatische Journalistenverband (HND), der am gestrigen Mittwoch eine Protestkundgebung vor dem Regierungsgebäude in Zagreb organisierte, bezeichnet den Gesetzesentwurf als einen Versuch, Korruptionsfälle zu vertuschen. Kritiker werfen Regierungschef Andrej Plenković vor, damit im diesjährigen Superwahljahr die regierende Partei HDZ zu schützen und politische Schäden wegen Enthüllungen abzuwenden. Heuer finden in Kroatien neben der Europawahl auch Parlaments- und Präsidentenwahlen statt.
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In viele großen Korruptionsaffären waren HDZ-Mitglieder verwickelt
In Kroatien wird die Mehrheit der Korruptionsskandale von Medien aufgedeckt, wobei durchgesickerte Informationen aus anonymen Quellen eine wichtige Rolle spielen. In viele große Affären waren Mitglieder der regierenden HDZ verwickelt. Die Gesetzesänderungen sehen nun für unbefugte Leaks eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren vor. Journalisten befürchten, dass die angedrohte Strafe künftig Informanten einschüchtert, was die Arbeit von Enthüllungsjournalisten und die Aufdeckung von Korruptionsskandalen erschweren wird.
Die Gesetzesänderungen werden in der Öffentlichkeit als "Lex AP" bezeichnet. Das ist eine Anspielung auf die Initialen des Premiers, die in Textnachrichten zweier ehemaliger HDZ-Politikerinnen vorkommen, die beide wegen Korruption angeklagt sind. Dass die Textnachrichten zwischen Ex-Regionalministerin Gabrijela Žalac und Ex-Staatssekretärin Josipa Rimac, die sich in den Beweismaterialien befinden, in die Öffentlichkeit gelangten, war Berichten zufolge der Auslöser für die umstrittenen Gesetzesänderungen.
Journalistenverband: "Kosmetische Korrekturen" sind inakzeptabel,
Ursprünglich war laut Medien vorgesehen, dass sich nicht nur Informanten, sondern auch Journalisten strafbar machen würden. Davon ließ die Regierung zwar ab, die Kritiker beruhigte dies aber nicht. Es wäre dennoch möglich, Journalisten zu belästigen, kritisierte HND. Bei der Suche nach Informanten könnten Behörden etwa Computer und Mobiltelefone von Journalisten beschlagnahmen, hieß es.
Auch eine jüngst angekündigte weitere Gesetzeskorrektur, wonach es nicht strafbar wäre, wenn die Veröffentlichung von Informationen im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, befriedigte die Kritiker nicht. "Kosmetische Korrekturen" sind laut HND nicht akzeptabel, die Journalisten fordern, dass diese Bestimmungen komplett gestrichen werden.
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