"Diese Preise sind absurd": Kroaten wollen am Freitag Supermärkte boykottieren

Zusammenfassung
- Kroaten planen einen Boykott von Supermärkten, um gegen steigende Preise zu protestieren.
- Kroatien hat die höchste Inflationsrate in der Eurozone, mit Preisen, die schneller steigen als im EU-Durchschnitt.
- Politiker und Verbraucherorganisationen unterstützen den Boykott als Warnung, während Ökonomen skeptisch bleiben.
Für Freitag ist in Kroatien ein Boykott der Einzelhandelsketten angekündigt. Damit wollen die Kroatinnen und Kroaten auf die stets steigenden Preise reagieren.
Der Aufruf zum Boykott begann in sozialen Netzwerken, wo entsprechende Nachrichten in den letzten Tagen massenhaft geteilt wurden.
Nach Konsumentenschutzvereinen, Gewerkschaftern, öffentlichen und berühmten Persönlichkeiten rufen nun auch politische Parteien und sogar zwei Minister zum Boykott auf. Ökonomen stehen allem skeptisch gegenüber, schreibt das größte kroatische Onlineportal Index.hr.
Im EU-Vergleich ist Kroatien ist ein Inflations-Spitzenreiter
Preiserhöhungen sind in Kroatien seit Jahren ein heißes Thema. Kroatien ist im EU-Vergleich inzwischen ein unrühmlicher "Spitzenreiter". Das Land an der Adria-Küste verzeichnete 2024 die höchste jährliche Inflationsrate unter den Ländern der Eurozone - 4,5 Prozent.
Laut vorläufigen Berechnungen des Europäischen Statistikamts, die zu Beginn des Jahres bekanntgegeben wurden, stiegen die Verbraucherpreise in Kroatien fast doppelt so schnell wie im europäischen Durchschnitt.
Boykott in Italien dient Kroatinnen und Kroaten als Beispiel
Erst kürzlich haben mehr als 50 Versorger Preiserhöhungen angekündigt, was nur eine Fortsetzung des Teuerungstrends darstellt. In sozialen Netzwerken äußern Kroatinnen und Kroaten schon seit Längerem ihren Unmut darüber, dass die gleichen Produkte im Westen Europas deutlich weniger kosten.
Es wundert also nicht, dass im öffentlichen Raum schon seit geraumer Zeit über den Boykott von Produkten als Mittel zur Bekämpfung von Preissteigerungen diskutiert wird. In der unmittelbaren Nachbarschaften fand man Beispiele, wie es gehen kann: Mit einem Boykott von Kaffee und Pasta haben etwa die Italienerinnen und Italiener die hohen Preise gesenkt .
Auch der Wirtschaftsminister verurteilt die hohen Preise
Am Mittwochabend war ein im Raum stehender Boykott auch Thema einer Sendung im staatlichen TV-Sender HRT. Laut Josip Kelemen, einem Berater der Verbraucherplattform Halo, sei die Resonanz groß, die Verbraucherinnen und Verbraucher hätten zahlreich auf den Boykottaufruf reagiert. Auch die Medien und einige Politiker würden ihn unterstützen - was er allerdings nicht ganz nachvollziehen kann.
"Es ist unverständlich, dass ein Minister, der alle Fäden in der Hand hält, zum Boykott von Produkten aufruft", sagte er und bezog sich dabei auf eine Aussage des Wirtschaftsministers Ante Šušnjar. Dieser hatte das kroatische Volk öffentlich dazu aufgefordert, "Verantwortung zu übernehmen und diejenigen zu bestrafen, die die Preise ungerechtfertigt erhöhen."
Verbraucherschutzverband: "Diese Preise sind nicht mehr normal"
In derselben HRT-Sendung war auch der Handelsexperte Slobodan Školnik zu Gast. Er glaube nicht, dass der Boykott von Erfolg gekrönt sein wird, erklärte er. Die Menschen müssten und wollten einkaufen, zudem würde der Konsum unabhängig von der Inflation ständig wachsen. Der Moemax Balkan-CEO äußerte sein Unverständnis darüber, dass ständig von unanständigen Preisen die Rede sei und nicht von unanständig hohen Steuern. Der Verursacher der Inflation sei der Staat, also müsse dieser das Problem entsprechend auch lösen.
Anders sieht es die Gegenseite. Ana Knežević, Präsidentin des kroatischen Verbraucherschutzverbandes, wies darauf hin, dass Verbraucher nicht an Steuern und Abgaben interessiert seien, sondern an ständig steigenden Preisen. "Diese Preise sind nicht mehr normal. Kümmert sich denn niemand um das soziale Bild der Gesellschaft? Die Leute müssen ja einkaufen, aber womit?", fragte Knežević und bewertete den Boykott als willkommene Warnung, da es solche Aktionen bisher nicht gegeben habe.
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