Preise in Kroatien gestiegen: Ist wirklich der Euro schuld?

Der Euro ist seit 2023 kroatische Landeswährung, was für viele Touristen praktisch ist. Die zeigen sich über höhere Preise schockiert.
Die Abendsonne senkt sich langsam über die Adria, der Kellner serviert eine fangfrische Goldbrasse und beim Abendspaziergang über die Riva gibt es noch ein Eis: danach sehnt sich auch die Zagreber Friseurin Ružica. „Nur kann ich mir das nicht mehr leisten“, sagt die Endfünfzigerin an einem Samstag in der kroatischen Hauptstadt, während eine Blechlawine vorbei, in Richtung Badeorte, rollt.
Für einen Herren-Haarschnitt verlangt Ružica acht Euro. Dafür würde sie in den schicken Restaurants in Rovinj oder anderen touristischen Hotspots am Meer nicht einmal ein kleines Bier und einen Milchkaffee bekommen. Sie ist eine von zunehmend mehr Kroaten, für die ihre geliebte Adria im Sommer in weite Ferne rückt.
Urlauber regen sich auf
In dem Balkanland ist es teurer geworden. Darüber beschweren sich ausländische Touristen dieser Tage laut, unter ihnen zahlreiche Österreicher. Sie berichten, für ein Wasser sieben Euro gezahlt zu haben, und ärgern sich über „geschmacklose“ Ćevapi mit Tiefkühlbeilagen und kleinem Bier für 25 Euro. „Teurer als die Schweiz!“, titelt der Boulevard aufgeregt.
➤ Mehr lesen: 8 Fehler, die Kroatien-Urlauber machen können
Doch während die „Wut-Urlauber“ – so nennen Medien sie – nach kurzer Zeit wieder fahren und künftig auf andere Orte ausweichen können, sind die Preise für viele Einheimische eine langfristige Belastung. Ihre Löhne sind im Schnitt viel niedriger als die vieler Adria-Touristen.

Ernste Mienen beim Blick in die Speisekarte: Kroatiens Restaurants sind mit 2023 noch einmal teurer geworden.
Das Thema wird auch deshalb gerade heftig diskutiert. Im Hinblick auf die Euro-Einführung zu Jahresbeginn ist dabei schnell vom „Teuro“ die Rede (siehe Infobox). Aber ist die Kostenexplosion tatsächlich damit zu erklären?
➤ Mehr lesen: In Kroatien gilt nun Sonntagsschließung für Geschäfte
Inflationsexperte Josef Baumgartner vom WIFO bezweifelt das im Gespräch mit dem KURIER. Die Übernachtungspreise sind schon davor gestiegen, sagt er: „Die Hoteliers müssten weit in die Zukunft gedacht haben, wenn sie schon im Sommer 2021 und Anfang 2022 deshalb die Preise in die Höhe gedrückt hätten. Das wäre ein Risiko gewesen, denn die Euro-Einführung wurde erst im Juli 2022 fix beschlossen“, sagt Baumgartner.
Mit 1. Jänner 2023 führte Kroatien den Euro ein. Er löste den Kuna ab, der seit 1994 Landeswährung war. Das sollte sich positiv auf den Tourismus auswirken, da Reisende aus dem Ausland ihr Geld seither nicht mehr umtauschen müssen und sich Wechselkursverluste sparen.
Der Begriff „Teuro“ beschreibt den Euro scherzhaft im Hinblick auf Preiserhöhungen, die mit seiner Einführung verbunden werden.
1,7 Millionen Reisende und 10,8 Millionen Übernachtungen verzeichnete Kroatien in der ersten Julihälfte 2023. Die meisten Auslandstouristen kommen aus Deutschland und Slowenien.
Er führt die Preisanstiege hauptsächlich auf eine relativ hohe Nachfrage zurück – ausgelöst durch Nachholeffekte nach den Pandemie-Reisebeschränkungen. Einige Hoteliers und Gastronomen hätten die Corona-Zeit auch genutzt, um ihr Angebot zu verbessern und die Preise dem angepasst.
„Teuro“ eher in Gastro
In der Gastronomie sei ein gewisser „Teuro“-Effekt den Daten zufolge wahrscheinlicher als in der Hotellerie, so Baumgartner: „Exakt im Jänner 2023 sind die Preise in den Gaststätten im Vergleich zum Vormonat um 3,3 Prozent angestiegen.“ Wobei auch in Restaurants bereits 2021 und 2022 Preiserhöhungen zu beobachten gewesen seien. Aber: „In welchem Ausmaß die Erhöhung stattfinden kann, hängt davon ab, ob die Gäste sie annehmen.
In anderen Ländern, etwa Österreich, gab es laut Baumgartner bei der Euroeinführung vereinzelte „Teuro“-Effekte, vor allem in der Gastronomie, bei Taxis und bei Waren aus Automaten. Da sei zum Teil sehr großzügig aufgerundet worden.
Preise hängen auch von Gästen ab
Es gibt also nicht die eine Erklärung für die kroatischen Preise, so der Experte. Zuletzt habe es ja mehrere ökonomische Schocks gegeben (Energiepreise, allgemeine Inflation). Fühlen sich viele Touristen abgezockt und fahren 2024 nicht mehr nach Rovinj und Co, könnte es in den Folgejahren dort wieder etwas billiger werden.
Für Friseurin Ružica wäre das zu spät. Sie macht diesen Sommer keinen Urlaub am Meer, verbringt stattdessen eine Woche bei Verwandten in einem Dorf nahe der Drau.
Kommentare