Alarmierende Lage in Serbien: Intensivstationen voll mit Jungen

Alarmierende Lage in Serbien: Intensivstationen voll mit Jungen
Im Belgrader Covid-Krankenhaus liegen fünfmal so viele Menschen wie zu Monatsbeginn. Besorgt ist man ihres jungen Alters wegen.

Lange ist es nicht her, da galt Serbien als Lichtpunkt in Sachen Impfung. Während die EU-Länder noch um die begehrten Vakzinen rangen, schwärmte Präsident Aleksandar Vučić voller Stolz davon, wie weit sein Land in dieser Hinsicht ist und bot die größtenteils vom verbündeten China beschaffenen Spritzen auch Nicht-Serben an. Deshalb machten sich Impfwillige aus ganz Europa Richtung Serbien, wo man sich den Ort und sogar den Impfstoff aussuchen konnte. 

Der Impfzauber scheint mittlerweile aber verflogen zu sein. Mittlerweile gibt es das wohl einzige Mittel gegen die Pandemie auch in EU-Ländern zu Genüge, weshalb der zu Beginn des Jahres entfachte Impftourismus vom Tisch ist. Nun eint das EU- als auch Nicht-EU-Europa ein Problem: die Impfbereitschaft. 

Junge im Fokus

Diese scheint in dem 7-Million-Einwohner-Land besonders niedrig zu sein. Lediglich 42,9 Prozent der Bevölkerung ist vollständig immunisiert. Das dürfte die aktuelle epidemiologische Lage erklären, die Verantwortliche als besorgniserregend einstufen. Von Sonntag auf Montag wurden in Serbien 2.335 neue Fälle bei 12.740 durchgeführten Testungen gemeldet. Zwölf Todesfälle im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung kamen hinzu. Und das nur zwei Tage vor dem Beginn des neuen Schuljahres, das bei allen für zusätzliche Sorgenfalten sorgt. 

Junge Menschen stehen derzeit überhaupt im Fokus. "Charakteristisch für diese Welle ist, dass es sich bei Intensivpatienten überwiegend um junge, ungeimpfte Männer und Frauen mit vorliegenden Mehrfacherkrankungen handelt. An erster Stelle stehen ungeimpfte Personen zwischen 20 und 30 Jahren, es folgen die Kategorie der jüngeren Männer zwischen 40 und 50 bzw. derer zwischen 30 und 40", sagt die Leiterin des Covid-Krankenhauses im Belgrader Vorort Batajnica, Dr. Tatjana Adžić Vukičević, im Gespräch mit dem staatlichen TV-Sender RTS. In den vergangenen Tagen seien drei Menschen Anfang 40 gestorben. 

Alarmierende Lage

Sie bezeichnete die Lage im Krankenhaus als alarmierend. "Heute Morgen zählten wir 446 Patienten. Am 1. August waren es noch 84, also fünfmal weniger. Was uns am meisten beunruhigt, ist die Zahl der Krankenhauseinweisungen auf Intensivstationen: Heute Morgen sind es 60, vor einem Monat waren es gerade mal zehn. Zudem haben wir heute achtmal mehr Patienten, die an ein Beatmungsgerät angeschlossen sind als am 1. August", sagte Adžić Vukičević und betonte, dass sich das Krankenhaus zu schnell füllt. Sie befürchte, dass die Kapazitäten, sollte es in diesem Tempo weitergehen, in sieben bis zehn Tagen ausgeschöpft sein werden.

Einen Vergleich zog sie auch: "Als unser Krankenhaus im vergangenen Herbst voll ausgelastet war und wir insgesamt 930 Betten hatten, gab es darin fünf Intensivstationen, die mit 120 Patienten voll waren. Nun haben wir schon bei 450 Patienten 60, die eine Intensivpflege brauchen". Vier Intensivstationen seien mittlerweile fast voll, man werde eine der halbintensiven Einheiten in eine Intensivstation umwandeln müssen, erklärte sie. 

Appell 

Unter den zuletzt Verstorbenen sei auch nicht geimpftes Gesundheitspersonal gewesen. "Das ist unsere große Sorge und deswegen unser Appell: Ich bitte das Gesundheitspersonal, sich impfen zu lassen. Das ist jetzt wirklich die letzte Gelegenheit, etwas zu tun. Es ist unglaublich, dass jemand im Covid-System bzw. im Gesundheitssystem arbeitet, dann nach Hause geht und seine Familie dieser Gefahr aussetzt", sagte Adžić Vukičević.

Sie sehe keinen anderen Ausweg aus dieser Pandemie. "Ich sehe nach all den Monaten der Appelle wirklich nicht, wie wir diese Situation sonst überwinden können. Im März, April sind wir mit der Impfung gut gestartet. Hätten wir bis Juli in diesem Tempo weitergemacht, würden wir im September, Oktober eine entspanntere Situation haben. Kommt, Leute, ich kenne niemanden, dem nach der Impfung etwas Schlimmes widerfahren ist".

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