Warum Buben schlechtere Noten haben

APA10531998-2 - 06122012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA 0078 II - THEMENBILD - Illustration zum Thema "Progress in International Reading Literacy Study (PIRLS)": Die Progress in International Reading Literacy Study (PIRLS) testet die Leseleistungen von Schülern am Ende der vierten Klasse Volksschule. Durchgeführt wird sie alle fünf Jahre von der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) mit Sitz in Boston (USA), in Österreich wickelt das Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) die Studie ab. Im Bild Volksschüler, aufgenommen am 22. November 2007 beim Lesen in einem Klassenzimmer. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Eine Studie belegt: Lehrer beurteilen nicht nur das Können der Schüler

Buben schneiden in Mathematik bei zentralen Tests häufig besser ab als Mädchen. Dennoch sind ihre Schulnoten oft schlechter als die ihrer Mitschülerinnen. Das ist fast überall in der westlichen Welt so.

Den Ursachen dieser Ungleichbehandlung wollten die amerikanischen Bildungsökonomen Christopher Cornwell und David Mustard auf den Grund gehen. Also beobachteten sie fast 6000 Kinder in den USA. Ihre Ergebnisse haben sie in einer Studie zusammengefasst, die im Journal of Human Resources veröffentlicht wurde. Ihr Fazit: Lehrer lassen in ihre Benotungen auch einfließen, welche Einstellung der Schüler bzw. die Schülerin zum Lernen hat. Die Forscher machen dabei sechs Kern-Elemente aus: die Aufmerksamkeit des Kindes, seine Ausdauer, Lernbereitschaft, Selbstständigkeit, Flexibilität und Fähigkeit, sich zu organisieren. Allesamt Eigenschaften, die eher Mädchen zugeschrieben werden.

Für die österreichische Bildungspsychologin Christiane Spiel sind diese Erkenntnisse nichts Neues. „Auch bei uns gelten Buben als faul, aber talentiert in Mathematik. Mädchen werden dagegen als fleißige Schülerinnen gesehen, die sich ihr Wissen hart erarbeiten. Dieses stereotype Verhalten wird von Eltern und Lehrern unbewusst gefördert. Mit der Folge, dass Buben und Mädchen so agieren, wie es von ihnen erwartet wird.“

Fleißnote

Auch das Schulgesetz bevorzugt die Fleißigen. Denn laut Leistungsbeurteilungsverordnung soll ein Lehrer die Arbeitshaltung und die Mitarbeit in die Noten einfließen lassen. „Wie sehr er das tut, bleibt ihm überlassen“, meint Spiel und nennt ein Beispiel: „Ein hochbegabter Mathematik-Schüler, der nie Hausübungen macht, bekommt bei einem Lehrer einen Einser, weil er ja alles kann. Bei einem anderen Lehrer bekommt er einen Fünfer, weil er nie seine Hausübungen abliefert.“ Spiel fordert deshalb, dass Noten transparenter sein müssten: „Ein potenzieller Arbeitgeber sollte sehen können, wofür die Note steht. Für Arbeitshaltung, für Fleiß oder für fachliches Können. So hätten Zeugnisse eine größere Aussagekraft.“

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