Neues Kreuzband kommt vom Spender

Kniescheibe, grafik,
Eine Alternative zu eigenem Gewebe: Aufbereitete Spender-Sehnen aus der Gewebebank.

In den USA ist die Technik bereits weit verbreitet: Rund 900.000 Sehnen aller Art wurden dort bereits transplantiert – von einem (verstorbenen) Spender in einen Empfänger. Seit Kurzem setzt auch das Evangelische Krankenhaus in Wien (EKH) Spendersehnen ein– als Ersatz für kaputte Kreuzbänder.

Neues Kreuzband kommt vom Spender
Prim. Univ.-Doz. Dr. Thomas Müllner, Evangelisches Krankenhaus
Derzeit werden in der Regel eigene körpereigene Sehnen aus dem Oberschenkel verwendet, um ein gerissenes Kreuzband zu rekonstruieren. Doch in bestimmten Fällen könnte eine "Allograft"-Spendersehne (transplantiertes Gewebe, das nicht vom Empfänger selbst stammt) eine wertvolle Alternative sein, sagt Prim. Doz. Thomas Müllner, Vorstand der Abteilung für Orthopädie und Traumatologie im EKH.

Ein Einsatzgebiet für solche Spendersehnen seien zum Beispiel Patienten, deren Bänder bereits mehrmals mit eigenen Sehnen rekonstruiert wurden "und die sich jetzt nicht nochmals eine Sehne entnehmen lassen wollen". Oder sehr schwere Knieverletzungen: "Hier benötigen wir oft drei bis vier körpereigene Sehnen des Oberschenkels, die manchmal aber nicht mehr zur Verfügung stehen." Und es gebe Patienten, die grundsätzlich die Entnahme einer gesunden, körpereigenen Sehne ablehnten.

Mit einer Spendersehne verkürze sich die Operationszeit um bis zur Hälfte der Zeit: "Man erspart sich ja die Entnahme der körpereigenen Sehnen." Und auch die Schmerzen nach dem Eingriff seien geringer. "Insgesamt ist der Eingriff für den Patienten schonender."Abstoßungsreaktionen seien bisher noch nie beobachtet worden: "Die Patienten benötigen auch keine Immuntherapie wie bei einer Organtransplantation", so Müllner.

Frühere Studien hätten gezeigt, dass bei jüngeren Patienten (bis zirka 35 Jahre) die Rupturrate – also ein neuerlicher Riss – bei Spendersehnen etwas höher sei als bei körpereigenen Sehnen. "Aber ab 35, 40 Jahren sind die Ergebnisse vergleichbar." Laut den meisten Studien seien "der Zeitpunkt der vollen Belastung, die spätere Kniefunktion und die Patientenzufriedenheit gleich gut".

Müllner betont, dass diese Daten nicht von den Transplantaten der neuesten Generation mit verbesserten Sterilisationsverfahren stammen: "Die Materialeigenschaft der Sehnen wird dadurch nicht mehr beeinträchtigt, ihre Ergebnisse könnten deshalb noch besser sein."

"Letzte Rettung"

Wer durch wiederholte Bänderrisse ein vorgeschädigtes Knie habe, dem sacke oft schon beim Gehen oder Stiegensteigen das Bein weg, so der Orthopäde: "Spender-Sehnen sind daher die letzte Rettung der Kniestabilität für Menschen im reiferen Alter, bzw. für den normalen Freizeitsportler, der sich primär auf Wandern, Walken oder Radfahren konzentriert."

Derzeit kommen die Transplantate noch aus den USA – gereinigt, sterilisiert und bereits mit speziellen Befestigungen für die Implantation. Sie werden von der gemeinnützigen Gewebebank "AlloTiss" in Krems, NÖ, übernommen und gelagert, bis sie ein Spital anfordert. Die österreichische Gewebebank überprüft die Implantate und garantiert, dass das Material einwandfrei und steril ist. Die Sehnen seien genauso steril und sicher wie zum Beispiel künstliche Knie- oder Hüftgelenke, sagt Karl Kaudela von AlloTiss.

Für die Patienten gebe es keine Mehrkosten, so Müllner. Und: "Ich bin davon überzeugt, dass die Bedeutung der Gewebespende in Österreich in den kommenden Jahren stark steigen wird."

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