Schwaches Herz braucht frühe Hilfe

Beim Gesundheitstalk ging es um Herzschwäche. Früherkennung ist wesentlich, sagen die Experten
Patienten benötigen mehr Aufklärung über die Bedeutung der Medikamenteneinnahme.

"Was das Herz betrifft, geht es mir heute so gut wie nach der Diagnose Herzschwäche vor mehr als zehn Jahren – weil ich regelmäßig alle Medikamente einnehme", sagt Franz Radl, Präsident des Landesverbandes Wien des Österr. Herzverbandes. "Auf diese Weise kann man mit der Krankheit gut leben." Radl war Mittwochabend einer der Podiumsgäste beim Gesundheitstalk "Herzschwäche" im Van-Swieten-Saal der MedUni Wien. Der Gesundheitstalk ist eine Veranstaltungsreihe von KURIER, Medizinischer Universität Wien und dem Pharmaunternehmen Novartis.

Syptome früh ernst nehmen

"Die drei wichtigsten Symptome, die eine Herzschwäche charakterisieren, sind Atemnot, Ansammlung von Wasser im Körper, sowie allgemeine Leistungsschwäche und Müdigkeit", sagt Univ.-Prof. Günther Laufer, Leiter der Klinischen Abt. für Herzchirurgie der MedUni Wien. "Es ist wichtig, möglichst frühzeitig mit der Therapie zu beginnen, um den fortschreitenden Prozess zu stoppen und einen Status quo zu erreichen, der viele Jahre erhalten werden kann", betont auch Kardiologe Univ.-Doz. Martin Hülsmann von der MedUni Wien.

Die Diagnose wird häufig mit dem Herzultraschall gestellt: "Damit sieht man sehr schön die eingeschränkte Pumpleistung oder auch die Steifigkeit des Herzmuskels." Allerdings: Diese Methode liefert relativ wenig Informationen darüber, wie stark ausgeprägt die Störung der Pumpleistung bereits ist – und wie gut der gesamte Körper damit zurechtkommt. Deshalb sollte man auch die Konzentration des Herzhormons BNP im Blut messen, so Hülsmann: "Ist dieser Wert normal, kann man davon ausgehen, dass keine Herzmuskelschwäche besteht. Den Herzultraschall kann man sich dann ersparen."

Ist der Wert erhöht, sagt das etwas über das Stadium der Erkrankung: "Heute ist das der wertvollere Befund für das Treffen von Behandlungsentscheidungen."

Der Test kostet 20 bis 25 Euro, wird aber im niedergelassenen Bereich nicht von den Kassen bezahlt: "Den Patienten sollte es wert sein, das Geld dafür in die Hand zu nehmen, um zu sehen, wo sie stehen."

An erster Stelle der Therapie stehen die Medikamente – hier gab es deutliche Fortschritte in den vergangenen 20 Jahren. Wenn damit keine Verbesserung erzielt werden kann gibt es u. a. moderne Unterstützungspumpen, die das Herz entlasten.

Medikamente regelmäßig einnehmen

Viele Patienten nehmen aber ihre Medikamente nicht regelmäßig: "Ab dem dritten Präparat nimmt die Mitarbeit der Patienten dramatisch ab", sagt Hülsmann. Und alleine die Therapie der Herzschwäche benötige schon drei bis vier Basismedikamente. Viele Betroffene hätten noch andere Erkrankungen: "Die Patienten haben dann schnell 10 bis 15 Medikamente. Oft lassen sie eigenmächtig das Wichtigste weg, anstatt in Ruhe mit dem Arzt zu besprechen, auf was verzichtet werden kann."

Hier benötige es mehr Aufklärung – sowohl bei den Patienten, als auch den Ärzten. Hülsmann: "Die Medikamente werden nicht immer so verschrieben, wie das die Richtlinien empfehlen. Das ist oft eine Frage des Zeitdrucks. Ein Allgemeinmediziner oder Internist hat durchschnittlich fünf Minuten Zeit für den Patienten." Aber es benötige oft mehrere Anläufe, bis die Therapie richtig eingestellt sei.

Patientenwunsch: Ärzte sollen mehr Zeit aufwenden

"Mein Wunsch wäre, dass die Ärzte die Möglichkeit hätten, mehr Zeit für die Patienten aufzuwenden", betont Radl. – Laufer: "Das ist auch unser Wunsch, aber mit dem neuen Ärztearbeitsgesetz dürfen wir ab spätestens 2021 maximal 48 Stunden pro Woche arbeiten. Wie soll das funktionieren, wenn die Zahl der Ärzte gleich bleibt? Viele Details bekomme ich nur heraus, wenn ich mich mit den Patienten länger beschäftige. Die einzige Hoffnung ist höherqualifiziertes Pflegepersonal als Unterstützung – aber auch das verursacht höhere Kosten."

Schwaches Herz braucht frühe Hilfe
Tipp:Der nächste Gesundheitstalk findet am 16. 9., 18.30 Uhr, zum Thema "Die Zukunft der Krebsmedizin" statt.

Auf der einen Seite die Patienten und Angehörigen, auf der anderen alle Gesundheitsberufe – wie Diätologen, Psychologen, Pflegepersonal und Ärzte: Die Europäische Kardiologische Gesellschaft empfiehlt, in „Disease Management Programmen“ strukturiert Therapie und Betreuung der Patienten zu organisieren. Ganz am Anfang muss eine Schulung der Patienten stehen.
Damit das funktioniere, müsse es zu einer Vernetzung von niedergelassenem Bereich – Allgemeinmedizinern, Internisten – mit Schwerpunktspitälern kommen, betont Laufer.

„Aber das Problem ist: Der niedergelassene Bereich wird von den Sozialversicherungen finanziert, die möglichst wenig zahlen und die Leistungen ins Spital verschieben wollen. Und die Zentralkrankenanstalt sagt, unsere Ambulanzen gehen über, wir wollen das ganze eher in den niedergelassenen Bereich verlagern. Die verschiedenen Entscheidungsträger, die neue Programme finanzieren sollen, sind oft nicht gewillt, solche Wege zu gehen.“

Die MedUni Wien hat jetzt ein Zentrum für kardiovaskuläre Erkrankungen gegründet. Laufer: „Das ist ein Beginn. Jetzt werden die Fühler nach außen ausgestreckt, um eine Vernetzung mit ausgesuchten niedergelassenen Ärzten zu ermöglichen.“ Damit wolle man auch verhindern, dass Patienten zu drei, vier Internisten pilgern , „jeder gibt ein Medikament dazu und nachher geht es ihnen schlechter als je zuvor.“

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