Erst nach zehn Ärzten am Behandlungsziel

Erst nach zehn Ärzten am Behandlungsziel
Durchschnittlich zwei Jahren Leidensweg hat ein Schmerzpatient hinter sich, bis er die richtige Behandlung bekommt, so ein Experte.

Bei jedem fünften Österreicher sind die Schmerzen chronisch geworden. Und fünf Prozent der Bevölkerung leiden an schweren täglichen Schmerzen – am häufigsten im Kreuz und Rücken: „Im Schnitt hat ein solcher Patient zehn unterschiedliche Ärzte besucht, bis er – nach durchschnittlich zwei Jahren Leidensweg – wirklich die richtige Behandlung bekommt", sagt der Schmerzspezialist Univ.-Prof. Hans-Georg Kress, Leiter der klinischen Abteilung für Spezielle Anästhesie und Schmerztherapie an der MedUni Wien / AKH Wien. „Ein Drittel der chronischen Schmerzpatienten bleibt überhaupt ohne eine angemessene Behandlung durch einen Spezialisten."

Kress ist am Mittwoch, 19. 9., einer der Experten beim dritten Gesundheitstalk (siehe Textende) . Veranstalter sind der KURIER, die MedUni Wien und Novartis. Auf dem Podium sind außerdem die Allgemeinmedizinerin und Akupunkturspezialistin Daniela Stockenhuber sowie die Schmerzpatientin Sonja Winkelbauer.

Eigenständige Krankheit

Ein akuter Schmerz sei immer ein Symptom einer zugrunde liegenden Krankheit oder Störung: „Heilt diese ab, ist auch der Schmerz weg", erklärt Kress. Beim chronischen Schmerz sei das aber ganz anders: „Dieser ist eine eigenständige Erkrankung und muss auch als solche therapiert werden – doch das Bewusstsein dafür ist vielfach noch nicht vorhanden." Die Behandlung solcher Patienten bestehe aus weit mehr als nur aus der Verschreibung von Schmerzmitteln: „Dann bräuchten wir ja keine Schmerztherapeuten."

Chronische Schmerzpatienten benötigen eine sogenannte multimodale Therapie. „Dazu gehören neben Medikamenten auch viele andere Maßnahmen – Beispiele sind Bewegungstherapie, Verhaltenstherapie, Akupunktur oder Biofeedback zum Stressabbau."

Große Lücken

Doch vielfach würden niedergelassene Ärzte noch zu wenig daran denken, ausgewiesene Schmerztherapeuten einzubinden bzw. die Patienten an Schmerzzentren zu überweisen, sagt Kress. „Wien ist zwar recht gut mit Schmerztherapiezentren versorgt, österreichweit gibt es aber große Lücken." Schmerzambulanzen in Spitälern seien oft personell unterbesetzt und nur stunden- oder tageweise geöffnet.

Problematisch sei auch, dass neue, innovative Schmerzmedikamente in Österreich oft nur schwer auf Kassenkosten zu bekommen seien: „In vielen europäischen Ländern können diese Mittel problemlos verordnet werden. Bei uns sind Einzelanträge an einen Chefarzt der jeweiligen Krankenkasse notwendig: Und dabei kommt es aus meiner Sicht immer wieder zu ungerechtfertigten Ablehnungen." Besonders problematisch sei dies, wenn „wir im Spital einen stationären Patienten gut auf so ein Präparat einstellen und die niedergelassenen Ärzte es dann nicht weiter verschreiben dürfen – obwohl dies das Beste für den Patienten wäre".

Erst nach zehn Ärzten am Behandlungsziel

Der Gesundheitstalk „Schmerz" findet am Mittwoch, 19. 9., 18 Uhr, im Rektoratssaal der MedUni Wien (1090 Wien, Spitalgasse 23) statt. Der Eintritt ist frei. Moderation:Dr. Martina Salomon, KURIER.

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